12. Neujahrstrial in Freising

Die Freisinger Trialbären sorgen dafür, dass man im Trialsport nicht von ‚Saison‘ sprechen kann. Neben dem ‚Saure Gurken Trial‘ im Sommer richten sie das ‚Neujahrstrial‘ aus. Nicht nur ich nutze diese Gelegenheit, um dem winterlichen Trial-Entzug entgegen zu wirken, neben mir finden sich noch weitere 48 unerschrockene Fahrerinnen und Fahrer ein, um dafür zu sorgen, dass der Weihnachtsbraten schnell wieder von der Hüfte kommt.

Mike Fingos

Zugegeben, so ganz winterlich ist es diesmal nicht. Was nicht bedeutet, dass es deshalb einfacher ist. Nachdem es gestern geregnet hat, findet sich der berühmte ‚Freisinger Baaz‘ als Untergrund in den meisten Sektionen. Gut, dass ich gestern einen frischen Hinterreifen aufgezogen habe. Die abgelegenen Sektionen hinten am Flughafen-Parkplatz gibt es heuer auch nicht, alles konzentriert sich auf den Hügel und das Gelände am Zaun zur Startbahn hin.

Beim Ausladen entdecke ich auch Mike und Elias, die zusammen mit mir heute die MCA-Fahne hochhalten werden. Auch unter den restlichen Teilnehmern größtenteils bekannte Gesichter, Neujahrsgrüße werden ausgetauscht oder neues Material begutachtet.

Nachdem ich mich angemeldet habe, fahre ich die Fantic warm. Dann beginnt auch schon die Fahrerbesprechung. Gefahren wird in Gruppen, wobei sich diese mehr oder weniger selber zusammen stellen. Je nach Klasse trifft man sich vor der Sektion mit der gleichen Nummer und bewertet sich gegenseitig. Am Sektionsende ist die Rundenzange befestigt, wo jeder seine Karte selber zwickt.

Elias Fingos

Als ich dann in die Sektion 5 einfahre, bin ich überrascht, dass ich mit dem Untergrund ganz gut klar komme. Bis kurz vor Sektionsende klappt es super mit Stufen und engen Kurven im Hang. Den liegenden Baumstamm gehe ich mit zu viel Gas an und muss ein paar Zentimeter vor dem Sektionsende doch noch einen Fuß setzen. Die Sektion 6 entschädigt mich mit einer 0. Aber schon in der Sektion 7 kassiere ich eine 5. Hier sind 5 Stufen zu meistern, bei der Dritten bleibe ich hängen.
10 Punkte kassiere ich in der ersten Runde. Bis auf die 5 an der Stufe bin ich dennoch zufrieden und selbst die ist einfach darauf zurück zu führen, das ich so viele Stufen mit Kehren dazwischen bisher nie gefahren bin.
Mike ist fast gleichzeitig fertig, wir tauschen die Rundenkarten und gehen in die zweite Runde.

Ich beginne wieder mit der Sektion 5. Die Wasseroberfläche von vorhin ist weg, der Untergrund ist viel klebriger als zuvor. Die Einfahrt und das erste Hindernis klappt problemlos. Dann geht es über eine Stufe runter und hier schieße ich dermaßen schnell in Richtung Trassierband, dass ich einen Fuß setzen muss. Scheint ja wirklich super glatt zu sein, denke ich mir. Den Berg hoch klappt wiederum gut, aber den Baumstamm vor dem Sektionsende, da brauche ich zwei Füße, bis ich drüber bin. Es ist so schmierig, dass der Gasstoß zum Anheben des Vorderrades einfach verpufft. Ich zwicke mir eine 3 und fahren den Berg hinten runter, um die Stollen freizufahren. Dabei fällt mir auf, dass meine Hinterradbremse keine Wirkung hat. Der Bremshebel geht bis zum Anschlag durch. Ein Blick auf das Hinterrad bestätigt dies, denn in der Bremsscheibenabdeckung sehe ich ein paar Tropfen Hydrauliköl.

Mike Fingos

Nichts, was ich vor Ort in den Griff bekomme, überlege ich mir und beschließe schweren Herzens, für heute abzubrechen. Ich gebe meine Rundenkarte ab und hole die Kamera raus. Dann mache ich halt ein paar Bilder von meinen Mitstreitern.

Die haben weiterhin Spaß, auch wenn sie ordentlich Punkte sammeln. Bei der Siegerehrung landet Mike in der Klasse 5 mit 47 Strafpunkten auf dem 11.Platz (von 18 Starten). 4 Fünfer haben ihn ins Mittelfeld abgeschlagen. Elias fährt seinen ersten Wettbewerb mit 250ccm in Klasse 4 mit 44 Strafpunkten auf den undankbaren 4. Platz. Dafür, dass er sein neues Motorrad mit verdoppeltem Hubraum erst wenige Wochen hat, kann sich die Leistung trotzdem sehen lassen.

Die Zeit bis zur Siegerehrung nutzen wir, um etwas zu essen und zu trinken. Danach laden wir die Motorräder ein und verabschieden uns. Auf dem Heimweg halte ich noch bei einem Waschcenter, wo ich auf zwei weitere Teilnehmer treffe, die ihre Motorräder ebenfalls sauber bekommen wollen. Ich brauche einige Münzen, der ‚Freisinger Baatz‘ klebt wie verrückt an alles Teilen des Motorrads.

Elias Fingos

Natürlich möchte ich die Fantic schnell wieder fit haben, deshalb fahre ich direkt in meine Werkstatt. Ich weiß, dass ich einen Reparaturset für die weiße Fantic im Regal habe und hoffe, dass er auch bei der schwarzen passt. Es lebe das Baukastensystem.
Das tut er auch. Nachdem ich das Hinterrad ausgebaut habe, sehe ich das Dilemma. Nicht wie gedacht der Dichtring war das Problem, sondern der Schrauber. Gestern, als ich den Reifen gewechselt habe, habe ich die Bremskolben ganz zurück gesetzt und die Beläge rechts und links bis an die Bremszange geschoben. Der Einbau des Hinterrades ist etwas fummelig, weil der Kettenspanner heruntergedrückt werden und gleichzeitig die Bremszange in die richtige Position gebracht werden muss. Dabei hat offenbar die Bremsscheibe den äußeren Bremsklotz nach innen verschoben. Letztendlich standen nach dem Einbau die beiden Bremsklötze mit den Reibbelägen aneinander und die Bremsscheibe zwischen der Rückseite eines Bremsbelags und dem Bremskolben. Verrückterweise hat das keinen Unterschied bei der Bremsleistung gemacht, ich hatte bei der anschließenden Probefahrt und auch in der kompletten ersten Runde nicht den Eindruck, dass Bremsleistung fehlt. Auch vom Geräusch her verhielt sich die Bremse unauffällig. Der Alu-Bremskolben war der Bremsscheibe aus Stahl aber nicht gewachsen, so dass er sich bei jedem bremsen ein Stück abgeschliffen hat, bis dann der Dichtring dem Bremsdruck nicht mehr stand gehalten hat.

Ich habe in über 40 Jahren unzählige Reifen gewechselt und Bremsen repariert/überholt/gewartet. Ich hab mir nicht vorstellen können, dass mir so etwas passieren kann. Wird es in Zukunft auch nicht mehr. Dennoch mein Tipp an alle Schrauber: Bitte prüft die Bremse lieber zweimal! Wäre ich in der Straßenrennfraktion zu Hause, wäre es nicht so glimpflich ausgegangen. Gut, da wäre es wohl auch nicht möglich, die Scheibe neben den Belägen zu montieren, so dass es trotzdem bremst.

Zuerst habe ich die Bremszange zerlegt und gereinigt, dann die neuen Kolben und Dichtringe eingebaut, das ganze wieder zusammen und mit neuen Bremsbelägen versehen. Mit einer gebrauchten Bremsscheibe aus meinem Regal wurde das Ganze dann wieder ans Motorrad geschraubt. Diemal mit mehrfacher Kontrolle, dass die Scheibe richtig zwischen den Belägen läuft.
Am Montag neue Bremsflüssigkeit gekauft und das System damit befüllt. Der nächste Wettbewerb kann kommen. Tut er aber leider erst Ende März. Bis dahin habe ich noch genug Zeit, mich über mich selber zu ärgern 😉


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