Sonntag, 27.06.2010 Endurowandern und Pannenhilfe

Pünktlich um 06:30 (nach deutscher Zeit) klingelt der Wecker. Bald darauf sitzen wir beim Frühstück und beraten, wie wir den Tag angehen wollen. Normalerweise sollten wir das bereits am Abend vorher machen, aber dafür waren wir einfach zu müde. Urs würde gern ein paar griffigere Reifen aufziehen. Es liegen auch welche in der Werkstatt, die der ERM-Mechaniker da eingelagert hat. Das Hinterrad ist schon raus, bevor wir feststellen, dass der Reifen zu breit für die Schwinge der 550er ist.
An Peters TT hatten wir gestern ein Problem mit einem durchrutschenden Schalthebel. Während sich die Jungs darum kümmern, bin ich damit beschäftigt, die ERM-Kontrollpunkte auf den Karten einzutragen. Eine zeitaufwendige Arbeit, die ich derweil auch nur zur Hälfte abschließe, weil wir sonst noch später zum Fahren kommen.

Es ist auch schon halb zehn, bis wir endlich los kommen. Nach Lindenberg wollen wir erst mal, dann sehen wir weiter. Wir nehmen den Weg über Garana. Erst mal die Asphaltstraße am See entlang, dann biegen wir rechts nach Wolfsberg ab, wie Garana auch genannt wird. Kaum zu glauben, wie sich dieser Ort in den letzten 5 Jahren gemausert hat. Als ich zum ersten Mal hier war, war kaum ein Haus bewohnt. Heute sind alle Häuser schön herausgeputzt, es gibt eine Kneipe und mehrere Pensionen. Am Ortseingang hat ein Campingplatz eröffnet, am Ortsende stehen kleine Pavillons mit Basaltblöcken drunter. Ob das eine Art Bildhauerschule ist oder die Werke eines einzelnen, dass erschließt sich mir nicht.

Wir fahren auf den grobschottrigen Weg, der bald zum Schlammweg wird. In der Nacht hat es ordentlich geregnet und auch jetzt liegen feine Tropfen in der Luft. Es ist recht neblig, so dass wir nichts vom Panorama der Karpaten wahrnehmen können.
Als es dann in den Wald geht, wird die Strecke nochmal seifiger. Der feuchte Waldboden macht die Abfahrt für Urs zur Rutschpartie, bei einem kurzen Halt merkt er an, dass er diesen Weg nicht mehr hochkommt mit seinen Reifen. Das haben wir auch gar nicht vor und versuchen es weiter auf dem Weg nach Lindenfeld.

Bei der Abzweigung kommt uns eine Herde Ziegen entgegen. Wir stellen den Motor ab und warten, bis der Pulk vorbei ist, nicht, ohne dabei von den Hunden argwöhnisch beobachtet zu werden. Der Schäfer ist recht freundlich, und so bleiben die Hunde auch im großen und ganzen friedlich.
Die Abfahrt nach Lindenfeld ist vor allem für Urs mit seinem TKC80 eine Herausforderung. Zwischen drin verliert er mal den Seitenhalt am Vorderrad, was unweigerlich zum Sturz führt. Da wir aber nur im Schritttempo fahren und der Boden sehr weich ist, passiert weiter nichts.

In Lindenfeld angekommen, kommt de einzige Bewohnerin vorbei und begrüßt uns freundlich, bevor die behende durch ein Gatter klettert und zwischen zwei verfallenen Häusern verschwindet. Ich schätze die Dame auf weit über 80 Jahre. Wir alle sind erstaunt, wie agil die alte Frau doch noch ist. Ihr Mann ist vorletzten Winter gestorben und ich hab wieder mal das Bild vergessen, dass ich vor Jahren von ihm gemacht habe.

Nach einer ausgiebigen Pause beschließe ich aufgrund des schwierigen Untergrunds, dass wir nicht wie ursprünglich geplant nach Gropar und Macica weiter fahren, sondern uns auf den hoffentlich besseren Weg nach Caransebes machen. Urs fährt voraus und nimmt nicht den linken, sondern den rechten Weg am Ortsausgang des Geisterdorfes. Macht aber nichts, dann kommen wir eben den anderen Weg runter nach Poiana. Einen kurzen Stop nutze ich, um wieder die Führung zu übernehmen. Der Weg geht bergab, bevor wir auf ein paar Esel, eine Horde Hunde und ein paar Kühe treffen. Der Hirte versucht, die Hunde im Zaum zu halten, so richtig gelingen will es ihm jedoch nicht. Weiter unten treffe ich auf einen relativ neuen Traktor mit Einachsanhänger, der den steilen Weg hinab rumpelt. Als er mich sieht, hält er nicht an, sondern gibt Gas, vielleicht um uns zu zeigen, was mit dem Gefährt möglich ist. Ich sehe links einen Singletrail der einen Berg hinaufführt und überlege, ob wir so den Traktor umfahren können. So fahren wir alle hinauf, Urs und Peter warten oben, während Christian und ich erkunden, ob wir auf der anderen Seite wieder zum Weg kommen. Das klappt auch und so hupen wir, damit die beiden nachkommen. Doch nix rührt sich. Christian fährt den Hang wieder hoch um nach dem rechten zu sehen, während ich unten warte und beobachte, wie der Traktor an mir vorbei poltert. Dann zeigt mir Christian von oben, dass ich zurück kommen soll. Oben angekommen erfahre ich, dass es ein Problem mit dem Motorrad vom Peter gibt. Mit einem metallischen Klick ging der Motor aus, der Kickstarter lässt sich nicht bewegen, um die TT wieder zum Leben zu erwecken. Eine kurze Diagnose vor Ort, aber keine Lösung für das Problem in Sicht. So schlage ich vor, dass wir das Motorrad runter nach Poiana bringen, wo wir es notfalls mit Auto und Hänger abholen können. Peter lässt die TT den Hang hinunter rollen, wir rollen hinterher. Eine Gruppe Quad-Fahrer mit einem Buggy und zwei Motorrädern kommt den Berg hoch gewühlt. Sie grüßen uns freundlich, was wir erwidern, wobei mir auffällt, dass jeder zweite eine Helmkamera montiert hat.
Dann rollen wir weiter bergab, machen kurze Pausen, wenn wir auf dem Traktor auflaufen. Unten angekommen, nehme ich Peter mit seiner TT ins Schlepptau.

Wir befestigen einen Spanngurt an meinem Motorrad, führen das andere Ende zweimal um ein Gabelrohr und hoch zum Lenker, wo es von Peter mit der Gashand festgehalten wird. So kann er die Verbindung jederzeit durch einfaches Loslassen lösen, wenn es Probleme gibt.

Ich schleppe ihn auf diese Weise bis Poiana, Urs dokumentiert das Ganze mit der Kamera. Dort stellen wir das Motorrad neben der Kirche ab und beschließen, erst mal zurück nach Brebu Nou zu fahren. Vielleicht kann Micky (der ERM-Manager) die Maschine mit dem Jeep bergen.

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(Video unserer Bergung)

Peter nimmt hinter mir Platz, ein bestimmt lustiges Bild, was auch umgehend von Urs auf den Chip gebrannt wird.

So fahren wir zur E70, von da bis Slatina Timis und dann die anspruchsvolle Schlaglochpiste hoch nach Brebu Nou. Alleine ist das schon eine Strapaze, zu zweit erst recht.
Oben angekommen erklärt sich Micky auch gleich bereit, das Mopped zu holen. Ich baue meinen Hänger auf eine Schiene um und dann fahren die beiden los.

Wir drei beschließen, noch eine Runde mit den Moppeds zu drehen, da wir eh tanken müssen. Am Einfachsten dafür wäre die Tour von gestern, die ich aber gerne erweitern würde, um den Armenis-Gipfel anzufahren. Der Weg zum Punkt Poiana de Mar ist uns ja schon bekannt – sehr anspruchsvoll, aber machbar. Von da aus weiter treffen wir auf eine Schafherde mit extrem aggressiven Hunden. Ich will abwarten, bis die Tiere de Straße verlassen haben, der Hirte deutet uns aber, dass wir weiter fahren sollen. Das tun wir dann auch und werden dabei lange von den Hunden verfolgt und verbellt.
Ich folge dem Höhenzug und sehe am GPS recht schnell, dass wir durch ein Tal müssen, um den Gipfel anfahren zu können. Es gibt auch einen Weg in die richtige Richtung, der dann relativ steil an einem Grashang nach unten führt.

Beim Bremsen stelle ich fest, dass das nasse Gras kaum Halt bietet, ich brauche sehr lange, um das Mopped zum Stehen zu bekommen. Unten führt der Weg durch einen Fluss, und dann steil einen Hang nach oben. Dieser ist aus blanker Erde und bei dieser Witterung (es regnet immer wieder zwischendurch) mit unseren Reifen unmöglich zu schaffen.

Also müssen wir den Grashang wieder hoch, was auch soweit ganz gut funktioniert. Natürlich kommen die Hunde wieder, diesmal suchen sie sich den Christian aus und verfolgen ihn lange Zeit.

Ich entdecke einen anderen Weg, der zwar nicht zum gewünschten Ziel, aber dafür ins Tal und zur E70 führt (so denke ich wenigstens). Dem folgen wir. Erst fahre ich ein Stück voraus, Urs und Christian kommen nach. Erneut treffe ich auf ein Stück, dass recht steil nach unten führt, genau auf einen ERM-Punkt zu, wie mein Navi zeigt. Ich stelle das Motorrad erst mal ab, um nachzusehen, ob der Weg auch fahrbar ist.

Die Handbewegung, oben zu warten hat Christian wohl übersehen, er kommt nach und rutscht prompt aus der Spur, bekommt das Übergewicht, worauf die TT den Hang hinunter kippt und Christian mit ein paar Purzelbäumen ins nasse Gras wirft. Noch bevor ich am Ort des Geschehens bin, ist er schon wieder auf den Beinen und hebt alleine die TT auf, um kurz darauf erneut das Übergewicht zu bekommen, die TT wieder kopfüber im Hang und Christian landet mit dem Kopf talwärts, alle viere von sich gestreckt, im Gras. Ich helfe ihm auf, gemeinsam stellen wir die TT wieder auf die Räder und in die Spur, so dass er den Seitenständer benutzen kann, um sie sicher abzustellen.

Während wir zu Fuß den Weg erkunden, versucht Urs, im Hang zu wenden und wieder hinauf zu fahren, was letztendlich darin endet, dass er die XT ein ganzes Stück den Hang hinab an einem Baum abstellt und zu uns kommt.

Der Weg wird unten breiter, es kommen auch Seitenwege dazu, ein Indiz dafür, dass der Weg auch zu einem Ziel führt. In Anbetracht dessen, dass die Zeit schon recht fortgeschritten ist und wir im Falle eines Falles die Motorräder nie wieder den glitschigen Hang hinauf bekommen, entschließen wir uns umzukehren.

Das bedeutet erst mal, alle Motorräder mit vereinten Kräften zu wenden und dann den Hang hinauf zu bugsieren. Passend dazu wird aus dem leichten Nieselregen, der uns schon den ganzen Tag begleitet ein richtig starker Regen, der den Singletrail recht schnell mit Wasser füllt.

Mit Christians TT wollen wir anfangen, beim Kicken bricht der Kickstarter. Gut, der von der XT vom Urs passt auch, also beschließen wir, erst diese nach oben zu befördern und dann den Kickstarter abzubauen, um Christians Maschine anzuwerfen.

Die Bergung aus dem Hang ist sehr kräftezehrend, auch als wir sie wieder auf der Spur haben, ist mit dem TKC80 kein Land zu gewinnen. So versuchen wir abwechselnd mit Schieben im 1. Gang, mit Fahren und schieben und immer wieder in die Spur heben, das Motorrad nach oben zu bekommen. Urs sieht aus, als wäre er in ein Schlammloch gefallen, er stand teilweise hinter der XT um diese zu sichern und hat den ganzen Dreck abbekommen, den das durchdrehende Hinterrad raus geschleudert hat.
Während Christian den Kickstarter abbaut, gehe ich zurück zu den beiden Motorrädern und stelle fest, dass meine DR auch kopfüber in den Hang gekippt ist. Lenker und Fußraste haben sich in den weichen Dreck gebohrt und ich schaffe es nur mit äußerster Anstrengung, das Motorrad wieder aufzurichten. Der Hang ist so steil, dass ich – weil ich die Maschine ja von der Talseite her anheben muß – die Hände (am Lenker) über den Kopf gestreckt habe, als die DR aufrecht steht, obwohl ich direkt neben der Fußraste stehe.

Urs hilft mir, sie zu drehen, während Christian, der ja ein Stück weiter oben am Hang steht, den Kickstarter montiert, die TT anwirft und mit nur wenig Hilfe den Hang hochfährt. Während Urs und ich einen Allroundreifen aufgezogen haben, hat er einen echten Enduroreifen. Mit meinem MT21 ist es dann leider nicht so einfach. Nur mit tatkräftiger Unterstützung der Beiden schaffe ich es mit vielen Anläufen nach oben. Der DR fehlt einfach das Drehmoment, wie es z.B. meine XT hat. Um sie nicht absterben zu lassen braucht sie min. 3.000 U/min, und das führt dazu, dass das Hinterrad sofort durchdreht.
Als wir alle drei Maschinen oben haben, hört es auf zu regnen und es zeigt sich stückweise blauer Himmel.
Wir wollen zurück zum Kontrollpunkt Poiana del Mar und von da aus den Waldweg runter nach Slatina Timis. Ich fahre als letzter, um ggf. dem Urs helfen zu können, wenn er wegen dem unpassenden Reifen hängen bleibt.

Es fängt auch wieder an leicht zu regnen. Das stört uns aber weiter nicht, wir haben das Wasser in den Stiefeln stehen und es läuft in Rinnsalen aus dem Ärmel, schlimmer geht’s eigentlich nimmer.

Als wir den Weg erreichen, ist es eher ein Bach als ein Weg. Das Wasser des Regens von vorhin sucht sich seinen Weg ins Tal, und auch von rechts und links kommen wahre Sturzbäche den Hang herunter.

Das macht die Abfahrt nicht leichter. Es dämmert schon, als wir in Slatina Timis ankommen, zielstrebig führe ich die kleine Gruppe zur Tankstelle an der E70.

Christian lässt den Motor laufen während wir tanken, um ein erneutes Umbauen des Kickstarters zu vermeiden. Ich fahre voraus, Christian folgt und das Schlusslicht macht Urs, um im Falle des Abwürgens dem Christian mit seinem Kickstarter aushelfen zu können.
Die Schlaglochpiste heute zum zweiten Mal, diesmal völlig durchnässt und durchfroren. Bei Dunkelheit versuche ich, wenigstens den großen Schlaglöchern auszuweichen, Christian ist mir dicht auf den Fersen, weil er mit seiner 6V Lichtanlage eigentlich gar nichts sieht.
Dann ist es doch geschafft, gegen 21 Uhr kommen wir an, hängen die nassen Sachen in den Trockenraum und wärmen uns mit einer heißen Dusche wieder auf, bevor wir mit dem gewohnt üppigen Abendessen den Tag ausklingen lassen.