Als ich die Augen öffne, sitzt Jürgen schon mit Notizbuch und gezücktem Stift im Bett nebenan. Meine Aufgabe an die Gruppe, dass diese reihum einen Reiseblog schreiben sollen, hat ihn anfangs schockiert. Aber er stellt sich der Herausforderung und wenn ich die Zeichen richtig deute, dann liefert er was tolles ab. Alles in Allem habe ich mit dieser Unterkunft – die ich auch zum ersten Mal besuche – einen Volltreffer gelandet. Auch heute gibt es wieder Omletă – ein riesiges Sück Rührei mit einer dicken Scheibe gebratenen Speck obendrauf. Das Frühstück ist ebenso reichhaltig wie schon gestern. Da wir heute keine extrem lange Tour geplant haben, habe ich 09:00 Uhr als Frühstückszeit festgelegt. Vor allem Marion ist sehr dankbar dafür. Der Chef des Hauses setzt sich an den Nebentisch und freut sich sichtlich daran, dass es uns schmeckt. Die Konversation mit ihm ist nicht ganz einfach, wie ich ja gestern schon geschrieben habe. Macht aber nichts, wie oft war ich schon in Ländern unterwegs, in denen ich kein Wort verstanden habe und dennoch konnte ich mit den Menschen kommunizieren.
Bevor wir losfahren schaue ich mir nochmals die Reparatur an Rebeccas XT an und nutze den allgemeinen Zustand des Motorrads auch gleich, um die Gruppe in die Kettenpflege einzuweisen. Selbst Jürgen freut sich darüber, ist er doch bis vor Kurzem mit Kardanantrieb unterwegs gewesen. Anhand eines Kettensatzes, den ich in der Werkzeugkiste dabei habe, erkläre ich den Aufbau der Kette, wo und warum man sie schmiert und auch, wie das Kettenschloss richtig montiert wird. Abschließend zeige ich auch noch, wie man den Durchhang der Kette richtig einstellt und warum man bei einer Enduro diesen Durchhang braucht. Tja, Leute. Ab jetzt will ich nur noch top gepflete und perfekt eingestellte Ketten sehen 😉
Wir ziehen die Schutzkleidung an, öffnen das Tor und rollen die Moppeds auf die Straße. Als alle Helme aufgesetzt und die Motoren gestartet sind, fahren wir los. In den Dörfern begegnen wir Leuten im Sonntags-Outfit auf dem Weg in die Kirche. Über Pianu de Jos und Sibiseni führe ich die Gruppe nach Sebeș. Von hier aus wollen wir zu den Râpa Roșie, wenn wir sie denn finden. Bei meinen letzten Reisen habe ich schon mehrfach versucht, dahin zu gelangen, bin aber jedesmal gescheitert. Diesmal habe ich meine Hausaufgaben gemacht und die Koordinaten des Ziels aus der Karte ins Navi übertragen. Das kann natürlich nicht dahin routen, aber ich habe eine Luftlinie zum Ziel. Eine Karte habe ich diesmal auch dabei. Sebeș ist überschaubar, alleine von den zwei Besuchen vorher komme ich hier ganz gut zurecht. Da, wo in der Karte die Straße zu den Erdpyramiden eingezeichnet ist, biege ich ab. Der Schotterweg führt im rechten Winkel genau auf die neu gebaute Autobahn zu und endet dort. In der Karte ist diese noch nicht eingezeichnet – jetzt wird mir einiges klar.
Wir fahren knappe 100m an einem Feldrand entlang, bevor wir auf einen Feldweg treffen, der parallel zur Autobahn führt. Dieser führt uns genau zu der Brücke, bei der ich auch schon beim letzten Versuch, zu den Râpa Roșie zu kommen, stand. Wir durchqueren die Brücke, danach müssen wir einen Betongraben durchfahren. Der ist ca. 35cm tief mit schrägen Ufern – die Spur eines Pferdefuhrwerks zeigt, das wir nicht die Einzigen sind, die da durch wollen. Wenige Meter später gabelt sich der Weg – einmal wieder parallel zur Autobahn in der Gegenrichtung und einmal am Fluß entlang. Ich denke mir, dass die Schotterstraße an der Autobahn wohl auf den Weg treffen muss, der durch die Autobahn getrennt wurde, entscheide mich dann aber für den Feldweg – wir wollen ja schlechte Wege fahren. Natürlich stehen schon alle hinter mir aufgereiht und müssen drehen. Bei Rebecca sind die Beine im unwegsamen Gelände zu kurz – ein erster Strich für die Umfall-Challenge wird fällig. Wir folgen den Biegungen des Flusses, der Weg ist größtenteils grasbewachsen und ein wenig hügelig. Am Ende treffen wir auf eine Brücke – auf die auch die Schotterstraße mündet. Nachdem wir diese überquert haben, geht es an einem Hof vorbei bis auf eine Wiese. Von hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Wir lassen die Motorräder, Jacken und Helme zurück und gehen die leicht ansteigende Wiese hoch.
Diese endet an einem Rain, der wiederum aus einem Flußtal besteht, erst geht es lehmig bergab, über ein Rinnsal und dann über schmale Pfade durch dichtes Gestrüpp. Dann landen wir wieder auf einer Hangwiese, die driekt bis zu den Pyramiden führt. Wir ist gut – ich bin allein. Erst als ich schon ganz oben am Fuß der Râpa Roșie einen Aussichts- und Sitzplatz gefunden habe, kämpfen sich die Anderen aus dem Gestrüpp. Ich stelle derweil fest, dass der Akku meiner Kamera über Nacht nicht geladen hat. Dann muss heute das Smartphone diese Funktion übernehmen.
Wir bestaunen das Naturwunder, Maren kniet im Gras und fotografiert Schmetterlinge, natürlich nicht ohne entsprechende Kommentare von den Anderen. Wir genießen die Szene, die Aussicht und die Sonne. Hier kann man es lange aushalten. Ein klapperndes ‚Blopp‘ reißt uns aus der Idylle. ‚Da ist bestimmt ein Mopped umgefallen‚, mein Jürgen. ‚Ja, hört sich an wie meines‚ entgegne ich. Und ich hatte Recht. Als wir zurück bei den Fahrzeugen sind, liegt meine XT im Gras, der Seitenständer ist eingesunken und ein wenig Benzin ist aus dem Überlauf des Tankverschluss in den Tankrucksack getröpfelt.
Nachdem die Maschine wieder steht, die Visierhalterung meines Helmes im Gras wiedergefunden und montiert und auch der Tankrucksack ausgewicht und zum Lüften geöffnet ist, betrachten wir die Pyramiden noch einige Zeit aus dieser Perspektive. Zwei Autos kommen angefahren, etliche Leute steigen aus, eine Dame spricht uns auf deutsch an, nachdem sie die Kennzeichen gesehen hat. Wir plaudern noch ein wenig miteinander, wie meist sind die Rumänen recht stolz, als wir ihnen sagen, wie gut es uns hier gefällt. Dann trennen sich unsere Wege, wir fahren zurück, die Anderen gehen hoch zu den Pyramiden. Bei Maren und bei Marion klappt es noch nicht immer mit dem Ankicken, bis sie die Technik heraus haben, helfen Jürgen und ich gerne aus. Diesmal kicke ich beide Moppeds an, bevor ich auf mein eigenes steige.
Auf halben Weg zum Hof kommt uns ein weiteres Auto entgegen. Wir weichen in die Wiese aus.
Wenig später sehe ich, dass Jürgen und Maren stehengeblieben sind. Ich warte, aber als sie sich an der 550er von Maren zu schaffen machen, drehe ich um und fahre zurück. Sie springt nicht mehr an, bekomme ich mitgeteilt. Beim Suchen nach der Ursache hat Jürgen festgestellt, dass der Benzinschlauch porös ist und genau beim Benzinhahn einen kleinen Riss hat. Ich habe ein Stück dabei und wechsle das schnell aus. Dann setze ich mich aufs Mopped uns sehe sofort die Ursache, weshalb die XT nicht mehr angesprungen ist: Maren ist wohl beim Ausweichen an den Killschalter gekommen. Den wieder umgelegt und schon bollert der Einzylinder auf den ersten Kick los. Da es nur Jürgen und ich mitbekommen haben, fällt die Häme spärlich aus.
Zurück in Sebeș halten wir uns auf der DN7 in südwestlicher Richtung. Vor einer Tanke steht noch immer der Kürtos Kalacs-Wagen, bei dem ich auch schon mit Elisabeth rast gemacht habe. Klar, dass wir auch diesmal anhalten. Kürtos Kalacs ist zwar eigentlich eine ungarische Spezialität, in Rumänien aber mindestens genauso verbreitet. Die Baumstriezel werden frisch für uns gemacht, wir können dabei zusehen, wie der Teigklumpen ausgerollt wird, dann in Streifen geschnitten und um die Holzrolle gewickelt wird. Bevor er über die Holzkohle kommt, wird er noch in einer Zutaten-Schale gewälzt. Zucker, Kokos, Haselnuss und Vanille sind im Angebot. Wir nehmen von jedem eines und probieren uns durch. Was übrig bleibt, schmeckt den Straßenhunden.
In Orăștie braucht Rebecca eine kleine Pause wegen Konzentrationsverlust (die Nächte sind verdammt kurz 😉 ), dann rollen wir weiter über Simeria und Cristur nach Hunedoara. Zielstrebig ignoriere ich die Parkplatzeinweiser und fahre hoch zur Rückseite der Burg.
So viel wie heute war bei meinen vorangegangenen Besuchen bisher nie los. Selbst eine große Gruppe Motorräder steht auf einem der Parkplätze. Wir parken die Motorräder neben der Straße. Während die anderen die Burg anschauen, bleibe ich bei den Motorrädern zurück. Ich war schon zweimal da und so konnen die Freunde ihr Gepäck zurück lassen.
Unten im Burggraben bemüht sich ein Fotograf, ein Hochzeitspaar möglichst einzigartig abzulichten. Ein Teil der Hochzeitsgesellschaft steht mit den Autos neben unseren Motorrädern. Als die Protagonisten aus dem Graben heraufgestiegen kommen, gratuliere ich dem Brautpaar und wünschen viel Gesundheit und Glück. Nachdem die Autos weg sind, schiebe ich die Motorräder in eine andere Position, so dass ich ein schönes Bild mit der Burg als Hintergrund machen kann. Meine Kamera hat sich ein wenig erholt, ein paar Bilder sind machbar.
Die Sonne brennt heiß, ich suche mir einen Schattenplatz und gehe meinen Gedanken nach, unterbrochen durch gelegentliche Zurufe und zuwinken der Freunde aus allen möglichen Teilen der Burg.
Als die Anderen zurückkommen, möchte ich noch ein Gruppenbild machen. Erhan wollte eigentlich zu uns dazustoßen und die Burg von Hunedoara hatte es ihm besonders angetan. Ich frage einen Passanten, ob er ein Foto von uns macht, wir stellen uns in Pose und lassen einen Platz für Erhan frei – so ist er wenigstens in unseren Gedanken dabei.
Eigentlich wollte ich von hier aus noch eine Schottertour machen, gute 30km durch ein Tal und dann den Berg hinauf. Die fortgeschrittene Zeit lässt mich den Plan über Bord werfen.
Stattdessen zeige ich ihnen das Roma-Viertel in Hunedoara. Eine Straße, in der eine Villa neben der anderen steht. Goldene Dollarzeichen am Zaun und der Name der Familie in der Blechverkleidung am First. Für mich immer wieder ein krasser Gegensatz zu den eher armen und abgewohnetn Häusern und Industriegebäuden dieser Stadt. Auch die Andern scheint es zu beeindrucken, viele Fotostopps zeugen davon, dass die Szene auch für den Rest des Teams surreal wirkt.
Ich überlege mir, wie ich am besten zurückfahre, ohne die gleiche Strecke zu nehmen. Beim Blick auf die Karte sehe ich einen Ort, nicht allzu weit weg, mit einem Highligt. So halte ich mich erstmal in Richtung Streisângeorgiu und von da aus zu dem Dörfchen. Dort biege ich bei einem Sperrschild rechts ab und überfahre einen aufgeschütteten Kieswall.
Meine Begleiter fahren etwas verwundert hinterher. Wir stehen an einer eingestürzten Brücke, die ich in den letzten Jahren eher zufällig gefunden habe. Die perfekte Gelegenheit, die Schranken im Kopf einzureißen. Nachdem wir die Motorräder geparkt und die Schutzkleidung abgelegt haben, eröffne ich dem Team, dass wir da jetzt drüber wollen. Ich ernte große Augen und ungläubige Blicke. Dann beginne ich mit der Lektion: Erst gehen wir gemeinsam die Brücke ab, spüren, wie sich das unter den Stiefeln anfühlt und betrachten auich die über die breiten Risse lose drübergelegten Holzbretter. Eines davon ist noch das, was ich bei meinem ersten Besuch drübergelegt habe. Na ja, die Spalten sind breit, die Planken wackelig, es geht tief runter in einen recht reißenden Fluss und links und rechts mehr als 45 Grad bergauf, bzw. bergab.
Als ich nach Freiwilligen frage, kommt wie erwartet keine Antwort. Kurzerhand gehe ich zu meiner XT, kicke sie an, fahre über die Brücke und wieder zurück. Hmmm, es geht offensichtlich, aber ob ich das kann? – so interprediere ich so manchen Gesichtsausdruck. Jürgens Gesicht spricht Bände. Man kann sich gut vorstellen, wie ein Engelchen auf der einen Schulter und ein Teufelchen auf der anderen sitzt, als ich ihn gezielt anspreche. Natürlich hätte ich das von Rebecca oder Maren nicht verlangt, sie müssen sich erst noch an die Motorräder gewöhnen. Marion wirkt souverän, hat aber null OffRoad-Praxis.
Jürgen ringt mit sich, der ganze Körper zelebriert ein Ein-Mann-Theaterstück. Er fragt noch ein paar Details ab, wie er die Schlüsselstellen angehen soll.
Dann gibt er sich einen Ruck und zieht den Helm auf. Er kickt die Maschine an und fährt über die obere Planke. Die untere Planke nimmt er sehr zögerlich, die Auffahrt klappt ganz gut. Dann drehen am Steilhang und wieder runter. Bei der Rückfahrt über den breiten Spalt zögert er noch mehr – hier ist die Anfahrt schwieriger, weil die Brücke auf dieser Seite auch noch einen Längsriss hat. Die Füße streckt er weit nach vorne, als er über die Planke rollt, dann auf dem sicheren Asphalt hoch und über das obere Brett – geschafft!
Ein 360-Grad-Grinsen ist ihm ins Gesicht gemeißelt, als er den Helm abnimmt und auch ich freue mich riesig, dass er mit vertraut und seine innere Grenze überwunden hat. Auch von den Anderen wir er angemessen gefeiert. Die Überlegungen, ob vielleicht doch noch wer probieren will, ersticke ich im Keim, das kommt die nächsten Tage noch. Wir ziehen die Schutzkleidung über und fahren zurück nach Streisângeorgiu, wo ich an einer Straßenkneipe anhalte und dem Team ein alkoholfreies Radler ausgebe. Die Sonne steht schon recht tief, wir genießen die warmen Strahlen und das Erlebte.
Über die DN66 gelangen wir nach Strei, wo wir rechts auf die DN7 abbiegen. Kurz vor Mures biege ich ab und wechsle auf eine Schotterstraße, die ich bei der Hinfahrt gesehen habe. Diese führt parallel zur neu gebauten Autobahn zwischen Wiesen und Rapsfeldern durch. Die Sonne steht schon fast über dem Horizont, unsere Motorräder werfen lange Schatten voraus. Hier fühlt sich der Rallye Scorpion wohl. Auf der Straße hatte ich mit dem für mich ungewohnten Reifen ein wenig zu kämpfen, weil er selbst bei den nur wenige Millimeter hohen Kanten der weißen Straßenbegrenzung schon seitlich ausgebrochen ist. Wir fahren noch Straßenluftdruck, entsprechend hart reagiert das 80er Jahre-Fahrwerk meiner XT auf die Schlaglöcher. Davon sind aber nur wenige vorhanden, ich lasse es laufen und ziehe mit einer Staubfahne der Gruppe davon. Als ich genug Distanz zwischen uns gebracht habe, drehe ich, um zu fotografieren. Die Mädels jagen mit sichtlich Spaß am Untergrund an mir vorbei. Jürgen hält an und geht mal kurz in die Büsche. Danach fahren wir unseren Amazonen nach. Jürgen ist mächtig beeindruckt, wie gut sich das Fahrwerk seiner DR auf diesem Untergrund macht. Wir ziehen gut am Gas, bis wir ein Gehöft erreichen, wo bellend ein Hund auf uns zurennt. Wir nehmen das Gas zurück, ich setze mich nach vorne, damit der Hund sich auf mich fixiert. Der will aber nur deutlich machen, dass es sein Revier ist und lässt bald von uns ab.
Als wir das Lager mit der Eierwerbung erreichen, sind die Mädels nicht da. Eigentlich müssten wir hier rechts auf die Asphaltstraße abbiegen. Hmmm.. Gruppennregel: Spätestens da, wo man abbiegt, wartet man aufeinander. Für uns beide steht fest: Die müssen geradeaus weiter sein, sonst würden sie hier warten. Also folgen auch wir dem Weg, der auf der anderen Seite der Kreuzung schwieriger wird. Es folgt eine S-Kurve mit tiefen Spurrillen, ein Schäfer liegt am Wegesrand, so dass ich erstmal erschrecke, weil ich denke, eine der Mädels hatte einen Unfall. Ein paar Hunde bewachen die Schafherde auf der Wiese gegenüber. Wir gasen ordentlich an – auf diesem Untergrund müssen wir sie in dem Tempo auf jeden Fall einholen. Pustekuchen. Knapp 5km weiter gelangen wir auf die E68 am Ortseingang von Sebeș. Auch hier keine Spur von den Mädels. Dann müssen sie doch schon vorne abgebogen sein, wir drehen um und heizen zurück. Ist ja nicht so, dass der Umweg jetzt eine große Unanehmlichkeit wäre, aber ein wenig Sorge spielt natürlich mit.
Zurück an der Kreuzung halten wir kurz und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Dann sehen wir ein Stück weiter in der Schotterstraße gegenüber eines der Moppeds. Es dauert ein wenig, bis wir alle eingefangen haben und gemeinsam zurück zur Unterkunft fahren. Rebecca ist noch nicht so Gruppenerfahren und deshalb auch nich nicht so vertraut mit den Gruppenregeln. Sie ist einfach dem Navigationsvorschlag ihres Navis gefolgt und abgebogen. Die beiden Anderen hinterher. Erst ein ganzes Stück später hat Marion sie dann einbremsen und ihr die Gruppenregel erklären können. Bis sie zurück waren, waren wir schon durch. Letztendlich ist alles gut gegangen – es schadet nichts, wenn so etwas mal passiert, erst recht nicht an so einer Stelle, wo man notfalls auch per Handy wieder zusammenfindet. So eine praktische Erfahrung prägt sich besser ein als jede theoretische Abhandlung – das wird keinem der Temmitglieder künftig mehr passieren!
Wir schmieren die Ketten und kontrollieren das Motoröl, bevor wir uns selbst kurz frisch machen und die nächste anstrengende Aufgabe angehen: Das Abendessen. Unser Zimmerwirt ist nur kurz da, bevor er sich verabschiedet, um an der Fortsetzung einer Hochzeitsfeier teilzunehmen, wo er auch schon gestern Nacht war. Damit hat er auch diesmal die Chance verpasst, Marions Chillischnaps oder den Williams zu degustieren. Wir jedoch schwelgen im rumänisch-kulinarischen Himmel. Nach der obligatirischen Ciorbă mit Smântână gibt es heute Sarmale (Krautwickel) mit Mămăligă. Und weil wir gestern unsere Lektion gelernt haben, nehmen wir heute den Nachtisch und nicht die Käseplatte. Es gibt Clătita, zusammengeklappte Pfannkuchen mit Gem (de Prune) ((Pflaumen)Marmelade).
Danach sitzen wir wieder viel zu lange beieinander und lassen uns heimisches Bier und den Hauswein schmecken. Wir sind mittlerweile zu einem tollen Team zusammengewachsen und der ehemalige Knast hier ist einfach auch supergemütlich. Kurz vor Mitternacht fragt die Chefin des Hauses nochmal eine letzte Bestellung ab und bittet uns darum, die Lichter auszumachen, wenn wir gehen. Dann geht sie beruhigt ins Bett. Wir folgen – ein paar Stunden später – auch. Wenn das so weitergeht, dann bleibt nicht viel Zeit, mein Tagebuch zu schreiben. Ich bin totmüde, als ich meine Gedanken in die Tastatur tippe.
Ein weiteres Tagebuch über die Tour findest Du hier – klick –
17 Mai 2015
Sonntag, 17.05.2015 Râpa Roșie und Hunedoara
Als ich die Augen öffne, sitzt Jürgen schon mit Notizbuch und gezücktem Stift im Bett nebenan. Meine Aufgabe an die Gruppe, dass diese reihum einen Reiseblog schreiben sollen, hat ihn anfangs schockiert. Aber er stellt sich der Herausforderung und wenn ich die Zeichen richtig deute, dann liefert er was tolles ab. Alles in Allem habe ich mit dieser Unterkunft – die ich auch zum ersten Mal besuche – einen Volltreffer gelandet. Auch heute gibt es wieder Omletă – ein riesiges Sück Rührei mit einer dicken Scheibe gebratenen Speck obendrauf. Das Frühstück ist ebenso reichhaltig wie schon gestern. Da wir heute keine extrem lange Tour geplant haben, habe ich 09:00 Uhr als Frühstückszeit festgelegt. Vor allem Marion ist sehr dankbar dafür. Der Chef des Hauses setzt sich an den Nebentisch und freut sich sichtlich daran, dass es uns schmeckt. Die Konversation mit ihm ist nicht ganz einfach, wie ich ja gestern schon geschrieben habe. Macht aber nichts, wie oft war ich schon in Ländern unterwegs, in denen ich kein Wort verstanden habe und dennoch konnte ich mit den Menschen kommunizieren.
Bevor wir losfahren schaue ich mir nochmals die Reparatur an Rebeccas XT an und nutze den allgemeinen Zustand des Motorrads auch gleich, um die Gruppe in die Kettenpflege einzuweisen. Selbst Jürgen freut sich darüber, ist er doch bis vor Kurzem mit Kardanantrieb unterwegs gewesen. Anhand eines Kettensatzes, den ich in der Werkzeugkiste dabei habe, erkläre ich den Aufbau der Kette, wo und warum man sie schmiert und auch, wie das Kettenschloss richtig montiert wird. Abschließend zeige ich auch noch, wie man den Durchhang der Kette richtig einstellt und warum man bei einer Enduro diesen Durchhang braucht. Tja, Leute. Ab jetzt will ich nur noch top gepflete und perfekt eingestellte Ketten sehen 😉
Wir ziehen die Schutzkleidung an, öffnen das Tor und rollen die Moppeds auf die Straße. Als alle Helme aufgesetzt und die Motoren gestartet sind, fahren wir los. In den Dörfern begegnen wir Leuten im Sonntags-Outfit auf dem Weg in die Kirche. Über Pianu de Jos und Sibiseni führe ich die Gruppe nach Sebeș. Von hier aus wollen wir zu den Râpa Roșie, wenn wir sie denn finden. Bei meinen letzten Reisen habe ich schon mehrfach versucht, dahin zu gelangen, bin aber jedesmal gescheitert. Diesmal habe ich meine Hausaufgaben gemacht und die Koordinaten des Ziels aus der Karte ins Navi übertragen. Das kann natürlich nicht dahin routen, aber ich habe eine Luftlinie zum Ziel. Eine Karte habe ich diesmal auch dabei. Sebeș ist überschaubar, alleine von den zwei Besuchen vorher komme ich hier ganz gut zurecht. Da, wo in der Karte die Straße zu den Erdpyramiden eingezeichnet ist, biege ich ab. Der Schotterweg führt im rechten Winkel genau auf die neu gebaute Autobahn zu und endet dort. In der Karte ist diese noch nicht eingezeichnet – jetzt wird mir einiges klar.
Wir fahren knappe 100m an einem Feldrand entlang, bevor wir auf einen Feldweg treffen, der parallel zur Autobahn führt. Dieser führt uns genau zu der Brücke, bei der ich auch schon beim letzten Versuch, zu den Râpa Roșie zu kommen, stand. Wir durchqueren die Brücke, danach müssen wir einen Betongraben durchfahren. Der ist ca. 35cm tief mit schrägen Ufern – die Spur eines Pferdefuhrwerks zeigt, das wir nicht die Einzigen sind, die da durch wollen. Wenige Meter später gabelt sich der Weg – einmal wieder parallel zur Autobahn in der Gegenrichtung und einmal am Fluß entlang. Ich denke mir, dass die Schotterstraße an der Autobahn wohl auf den Weg treffen muss, der durch die Autobahn getrennt wurde, entscheide mich dann aber für den Feldweg – wir wollen ja schlechte Wege fahren. Natürlich stehen schon alle hinter mir aufgereiht und müssen drehen. Bei Rebecca sind die Beine im unwegsamen Gelände zu kurz – ein erster Strich für die Umfall-Challenge wird fällig. Wir folgen den Biegungen des Flusses, der Weg ist größtenteils grasbewachsen und ein wenig hügelig. Am Ende treffen wir auf eine Brücke – auf die auch die Schotterstraße mündet. Nachdem wir diese überquert haben, geht es an einem Hof vorbei bis auf eine Wiese. Von hier geht es nur noch zu Fuß weiter. Wir lassen die Motorräder, Jacken und Helme zurück und gehen die leicht ansteigende Wiese hoch.
Diese endet an einem Rain, der wiederum aus einem Flußtal besteht, erst geht es lehmig bergab, über ein Rinnsal und dann über schmale Pfade durch dichtes Gestrüpp. Dann landen wir wieder auf einer Hangwiese, die driekt bis zu den Pyramiden führt. Wir ist gut – ich bin allein. Erst als ich schon ganz oben am Fuß der Râpa Roșie einen Aussichts- und Sitzplatz gefunden habe, kämpfen sich die Anderen aus dem Gestrüpp. Ich stelle derweil fest, dass der Akku meiner Kamera über Nacht nicht geladen hat. Dann muss heute das Smartphone diese Funktion übernehmen.
Wir bestaunen das Naturwunder, Maren kniet im Gras und fotografiert Schmetterlinge, natürlich nicht ohne entsprechende Kommentare von den Anderen. Wir genießen die Szene, die Aussicht und die Sonne. Hier kann man es lange aushalten. Ein klapperndes ‚Blopp‘ reißt uns aus der Idylle. ‚Da ist bestimmt ein Mopped umgefallen‚, mein Jürgen. ‚Ja, hört sich an wie meines‚ entgegne ich. Und ich hatte Recht. Als wir zurück bei den Fahrzeugen sind, liegt meine XT im Gras, der Seitenständer ist eingesunken und ein wenig Benzin ist aus dem Überlauf des Tankverschluss in den Tankrucksack getröpfelt.
Nachdem die Maschine wieder steht, die Visierhalterung meines Helmes im Gras wiedergefunden und montiert und auch der Tankrucksack ausgewicht und zum Lüften geöffnet ist, betrachten wir die Pyramiden noch einige Zeit aus dieser Perspektive. Zwei Autos kommen angefahren, etliche Leute steigen aus, eine Dame spricht uns auf deutsch an, nachdem sie die Kennzeichen gesehen hat. Wir plaudern noch ein wenig miteinander, wie meist sind die Rumänen recht stolz, als wir ihnen sagen, wie gut es uns hier gefällt. Dann trennen sich unsere Wege, wir fahren zurück, die Anderen gehen hoch zu den Pyramiden. Bei Maren und bei Marion klappt es noch nicht immer mit dem Ankicken, bis sie die Technik heraus haben, helfen Jürgen und ich gerne aus. Diesmal kicke ich beide Moppeds an, bevor ich auf mein eigenes steige.
Auf halben Weg zum Hof kommt uns ein weiteres Auto entgegen. Wir weichen in die Wiese aus.
Wenig später sehe ich, dass Jürgen und Maren stehengeblieben sind. Ich warte, aber als sie sich an der 550er von Maren zu schaffen machen, drehe ich um und fahre zurück. Sie springt nicht mehr an, bekomme ich mitgeteilt. Beim Suchen nach der Ursache hat Jürgen festgestellt, dass der Benzinschlauch porös ist und genau beim Benzinhahn einen kleinen Riss hat. Ich habe ein Stück dabei und wechsle das schnell aus. Dann setze ich mich aufs Mopped uns sehe sofort die Ursache, weshalb die XT nicht mehr angesprungen ist: Maren ist wohl beim Ausweichen an den Killschalter gekommen. Den wieder umgelegt und schon bollert der Einzylinder auf den ersten Kick los. Da es nur Jürgen und ich mitbekommen haben, fällt die Häme spärlich aus.
Zurück in Sebeș halten wir uns auf der DN7 in südwestlicher Richtung. Vor einer Tanke steht noch immer der Kürtos Kalacs-Wagen, bei dem ich auch schon mit Elisabeth rast gemacht habe. Klar, dass wir auch diesmal anhalten. Kürtos Kalacs ist zwar eigentlich eine ungarische Spezialität, in Rumänien aber mindestens genauso verbreitet. Die Baumstriezel werden frisch für uns gemacht, wir können dabei zusehen, wie der Teigklumpen ausgerollt wird, dann in Streifen geschnitten und um die Holzrolle gewickelt wird. Bevor er über die Holzkohle kommt, wird er noch in einer Zutaten-Schale gewälzt. Zucker, Kokos, Haselnuss und Vanille sind im Angebot. Wir nehmen von jedem eines und probieren uns durch. Was übrig bleibt, schmeckt den Straßenhunden.
In Orăștie braucht Rebecca eine kleine Pause wegen Konzentrationsverlust (die Nächte sind verdammt kurz 😉 ), dann rollen wir weiter über Simeria und Cristur nach Hunedoara. Zielstrebig ignoriere ich die Parkplatzeinweiser und fahre hoch zur Rückseite der Burg.
So viel wie heute war bei meinen vorangegangenen Besuchen bisher nie los. Selbst eine große Gruppe Motorräder steht auf einem der Parkplätze. Wir parken die Motorräder neben der Straße. Während die anderen die Burg anschauen, bleibe ich bei den Motorrädern zurück. Ich war schon zweimal da und so konnen die Freunde ihr Gepäck zurück lassen.
Unten im Burggraben bemüht sich ein Fotograf, ein Hochzeitspaar möglichst einzigartig abzulichten. Ein Teil der Hochzeitsgesellschaft steht mit den Autos neben unseren Motorrädern. Als die Protagonisten aus dem Graben heraufgestiegen kommen, gratuliere ich dem Brautpaar und wünschen viel Gesundheit und Glück. Nachdem die Autos weg sind, schiebe ich die Motorräder in eine andere Position, so dass ich ein schönes Bild mit der Burg als Hintergrund machen kann. Meine Kamera hat sich ein wenig erholt, ein paar Bilder sind machbar.
Die Sonne brennt heiß, ich suche mir einen Schattenplatz und gehe meinen Gedanken nach, unterbrochen durch gelegentliche Zurufe und zuwinken der Freunde aus allen möglichen Teilen der Burg.
Als die Anderen zurückkommen, möchte ich noch ein Gruppenbild machen. Erhan wollte eigentlich zu uns dazustoßen und die Burg von Hunedoara hatte es ihm besonders angetan. Ich frage einen Passanten, ob er ein Foto von uns macht, wir stellen uns in Pose und lassen einen Platz für Erhan frei – so ist er wenigstens in unseren Gedanken dabei.
Eigentlich wollte ich von hier aus noch eine Schottertour machen, gute 30km durch ein Tal und dann den Berg hinauf. Die fortgeschrittene Zeit lässt mich den Plan über Bord werfen.
Stattdessen zeige ich ihnen das Roma-Viertel in Hunedoara. Eine Straße, in der eine Villa neben der anderen steht. Goldene Dollarzeichen am Zaun und der Name der Familie in der Blechverkleidung am First. Für mich immer wieder ein krasser Gegensatz zu den eher armen und abgewohnetn Häusern und Industriegebäuden dieser Stadt. Auch die Andern scheint es zu beeindrucken, viele Fotostopps zeugen davon, dass die Szene auch für den Rest des Teams surreal wirkt.
Ich überlege mir, wie ich am besten zurückfahre, ohne die gleiche Strecke zu nehmen. Beim Blick auf die Karte sehe ich einen Ort, nicht allzu weit weg, mit einem Highligt. So halte ich mich erstmal in Richtung Streisângeorgiu und von da aus zu dem Dörfchen. Dort biege ich bei einem Sperrschild rechts ab und überfahre einen aufgeschütteten Kieswall.
Meine Begleiter fahren etwas verwundert hinterher. Wir stehen an einer eingestürzten Brücke, die ich in den letzten Jahren eher zufällig gefunden habe. Die perfekte Gelegenheit, die Schranken im Kopf einzureißen. Nachdem wir die Motorräder geparkt und die Schutzkleidung abgelegt haben, eröffne ich dem Team, dass wir da jetzt drüber wollen. Ich ernte große Augen und ungläubige Blicke. Dann beginne ich mit der Lektion: Erst gehen wir gemeinsam die Brücke ab, spüren, wie sich das unter den Stiefeln anfühlt und betrachten auich die über die breiten Risse lose drübergelegten Holzbretter. Eines davon ist noch das, was ich bei meinem ersten Besuch drübergelegt habe. Na ja, die Spalten sind breit, die Planken wackelig, es geht tief runter in einen recht reißenden Fluss und links und rechts mehr als 45 Grad bergauf, bzw. bergab.
Als ich nach Freiwilligen frage, kommt wie erwartet keine Antwort. Kurzerhand gehe ich zu meiner XT, kicke sie an, fahre über die Brücke und wieder zurück. Hmmm, es geht offensichtlich, aber ob ich das kann? – so interprediere ich so manchen Gesichtsausdruck. Jürgens Gesicht spricht Bände. Man kann sich gut vorstellen, wie ein Engelchen auf der einen Schulter und ein Teufelchen auf der anderen sitzt, als ich ihn gezielt anspreche. Natürlich hätte ich das von Rebecca oder Maren nicht verlangt, sie müssen sich erst noch an die Motorräder gewöhnen. Marion wirkt souverän, hat aber null OffRoad-Praxis.
Jürgen ringt mit sich, der ganze Körper zelebriert ein Ein-Mann-Theaterstück. Er fragt noch ein paar Details ab, wie er die Schlüsselstellen angehen soll.
Dann gibt er sich einen Ruck und zieht den Helm auf. Er kickt die Maschine an und fährt über die obere Planke. Die untere Planke nimmt er sehr zögerlich, die Auffahrt klappt ganz gut. Dann drehen am Steilhang und wieder runter. Bei der Rückfahrt über den breiten Spalt zögert er noch mehr – hier ist die Anfahrt schwieriger, weil die Brücke auf dieser Seite auch noch einen Längsriss hat. Die Füße streckt er weit nach vorne, als er über die Planke rollt, dann auf dem sicheren Asphalt hoch und über das obere Brett – geschafft!
Ein 360-Grad-Grinsen ist ihm ins Gesicht gemeißelt, als er den Helm abnimmt und auch ich freue mich riesig, dass er mit vertraut und seine innere Grenze überwunden hat. Auch von den Anderen wir er angemessen gefeiert. Die Überlegungen, ob vielleicht doch noch wer probieren will, ersticke ich im Keim, das kommt die nächsten Tage noch. Wir ziehen die Schutzkleidung über und fahren zurück nach Streisângeorgiu, wo ich an einer Straßenkneipe anhalte und dem Team ein alkoholfreies Radler ausgebe. Die Sonne steht schon recht tief, wir genießen die warmen Strahlen und das Erlebte.
Über die DN66 gelangen wir nach Strei, wo wir rechts auf die DN7 abbiegen. Kurz vor Mures biege ich ab und wechsle auf eine Schotterstraße, die ich bei der Hinfahrt gesehen habe. Diese führt parallel zur neu gebauten Autobahn zwischen Wiesen und Rapsfeldern durch. Die Sonne steht schon fast über dem Horizont, unsere Motorräder werfen lange Schatten voraus. Hier fühlt sich der Rallye Scorpion wohl. Auf der Straße hatte ich mit dem für mich ungewohnten Reifen ein wenig zu kämpfen, weil er selbst bei den nur wenige Millimeter hohen Kanten der weißen Straßenbegrenzung schon seitlich ausgebrochen ist. Wir fahren noch Straßenluftdruck, entsprechend hart reagiert das 80er Jahre-Fahrwerk meiner XT auf die Schlaglöcher. Davon sind aber nur wenige vorhanden, ich lasse es laufen und ziehe mit einer Staubfahne der Gruppe davon. Als ich genug Distanz zwischen uns gebracht habe, drehe ich, um zu fotografieren. Die Mädels jagen mit sichtlich Spaß am Untergrund an mir vorbei. Jürgen hält an und geht mal kurz in die Büsche. Danach fahren wir unseren Amazonen nach. Jürgen ist mächtig beeindruckt, wie gut sich das Fahrwerk seiner DR auf diesem Untergrund macht. Wir ziehen gut am Gas, bis wir ein Gehöft erreichen, wo bellend ein Hund auf uns zurennt. Wir nehmen das Gas zurück, ich setze mich nach vorne, damit der Hund sich auf mich fixiert. Der will aber nur deutlich machen, dass es sein Revier ist und lässt bald von uns ab.
Als wir das Lager mit der Eierwerbung erreichen, sind die Mädels nicht da. Eigentlich müssten wir hier rechts auf die Asphaltstraße abbiegen. Hmmm.. Gruppennregel: Spätestens da, wo man abbiegt, wartet man aufeinander. Für uns beide steht fest: Die müssen geradeaus weiter sein, sonst würden sie hier warten. Also folgen auch wir dem Weg, der auf der anderen Seite der Kreuzung schwieriger wird. Es folgt eine S-Kurve mit tiefen Spurrillen, ein Schäfer liegt am Wegesrand, so dass ich erstmal erschrecke, weil ich denke, eine der Mädels hatte einen Unfall. Ein paar Hunde bewachen die Schafherde auf der Wiese gegenüber. Wir gasen ordentlich an – auf diesem Untergrund müssen wir sie in dem Tempo auf jeden Fall einholen. Pustekuchen. Knapp 5km weiter gelangen wir auf die E68 am Ortseingang von Sebeș. Auch hier keine Spur von den Mädels. Dann müssen sie doch schon vorne abgebogen sein, wir drehen um und heizen zurück. Ist ja nicht so, dass der Umweg jetzt eine große Unanehmlichkeit wäre, aber ein wenig Sorge spielt natürlich mit.
Zurück an der Kreuzung halten wir kurz und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Dann sehen wir ein Stück weiter in der Schotterstraße gegenüber eines der Moppeds. Es dauert ein wenig, bis wir alle eingefangen haben und gemeinsam zurück zur Unterkunft fahren. Rebecca ist noch nicht so Gruppenerfahren und deshalb auch nich nicht so vertraut mit den Gruppenregeln. Sie ist einfach dem Navigationsvorschlag ihres Navis gefolgt und abgebogen. Die beiden Anderen hinterher. Erst ein ganzes Stück später hat Marion sie dann einbremsen und ihr die Gruppenregel erklären können. Bis sie zurück waren, waren wir schon durch. Letztendlich ist alles gut gegangen – es schadet nichts, wenn so etwas mal passiert, erst recht nicht an so einer Stelle, wo man notfalls auch per Handy wieder zusammenfindet. So eine praktische Erfahrung prägt sich besser ein als jede theoretische Abhandlung – das wird keinem der Temmitglieder künftig mehr passieren!
Wir schmieren die Ketten und kontrollieren das Motoröl, bevor wir uns selbst kurz frisch machen und die nächste anstrengende Aufgabe angehen: Das Abendessen. Unser Zimmerwirt ist nur kurz da, bevor er sich verabschiedet, um an der Fortsetzung einer Hochzeitsfeier teilzunehmen, wo er auch schon gestern Nacht war. Damit hat er auch diesmal die Chance verpasst, Marions Chillischnaps oder den Williams zu degustieren. Wir jedoch schwelgen im rumänisch-kulinarischen Himmel. Nach der obligatirischen Ciorbă mit Smântână gibt es heute Sarmale (Krautwickel) mit Mămăligă. Und weil wir gestern unsere Lektion gelernt haben, nehmen wir heute den Nachtisch und nicht die Käseplatte. Es gibt Clătita, zusammengeklappte Pfannkuchen mit Gem (de Prune) ((Pflaumen)Marmelade).
Danach sitzen wir wieder viel zu lange beieinander und lassen uns heimisches Bier und den Hauswein schmecken. Wir sind mittlerweile zu einem tollen Team zusammengewachsen und der ehemalige Knast hier ist einfach auch supergemütlich. Kurz vor Mitternacht fragt die Chefin des Hauses nochmal eine letzte Bestellung ab und bittet uns darum, die Lichter auszumachen, wenn wir gehen. Dann geht sie beruhigt ins Bett. Wir folgen – ein paar Stunden später – auch. Wenn das so weitergeht, dann bleibt nicht viel Zeit, mein Tagebuch zu schreiben. Ich bin totmüde, als ich meine Gedanken in die Tastatur tippe.
Ein weiteres Tagebuch über die Tour findest Du hier – klick –