Freitag gegen 14:30 komme ich aus dem Büro. Die Gilera habe ich schon auf dem Hänger mit nach München genommen. Erst dort fällt mir ein, dass meine Motorrad-Verbandtasche in der XT ist. In Österreich ist das Mitführen eines Verbandkastens vorgeschrieben.
Dann schlage ich halt einen kleinen Haken und fahr bei Louis vorbei, denke ich mir. Kein Problem.
Dort angekommen lege ich auch noch zwei Tuben Reifen-Montagegel in den Einkaufskorb. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich die zur Neige gehenden Bestände auffüllen. Auf dem Weg zur Kasse komme ich bei den Helmen vorbei. Einer davon sticht mir ins Auge. Hab zwar den Schuberth im Auto dabei, meinen Jethelm habe ich zu Hause gelassen, der ist einfach schon zu alt.
Eine nette Verkäuferin kommt vorbei und fragt, ob sie mir helfen kann. Sie hilft mir, ein paar Helme für meinen Dickkopf aus dem Sortiment herauszusuchen, die ich dann nacheinander anprobiere. Ich entscheide mich für den Caberg, weil der am Besten sitzt und ein eingebautes Sonnenvisier hat. Aus der Verbandtasche ist dann doch noch ein stattlicher Einkauf geworden. Nun geht es aber wirklich los.
Durch den Feierabendverkehr rauf auf die Garmischer Autobahn. Trotz Hänger hintendran komme ich gut voran. Die Temperatur und der weißblaue Himmel locken viele Motorradfahrer aus ihren Verstecken, je näher ich den Alpen komme, um so größer werden die Gruppen.
Irgendwann fällt mir auf, dass fast ausschließlich BMW’s unterwegs sind, bis mir dann wieder einfällt, dass dieses Wochenende ja die BMW-Days in Garmisch stattfinden. Was mir auffällt: Selbst untereinader grüßen sich nur sehr wenige BMW-Fahrer, ein schönes Ritual scheint langsam auszusterben.
In Imst halte ich, um das Auto zu tanken und auch um den Kanister für die Gilera voll zu machen. Das Zweitaktöl habe ich zu Hause schon eingefüllt. Ein paar Kilometer weiter sehe ich einen Waschplatz und spüle den Staub von der Gilera, der noch von der Testfahrt stammt.
Gegen 19:00 Uhr erreiche ich Sölden. Mein Navi ist mit der Adresse meiner Unterkunft für die nächsten zwei Nächte gefüttert, diese befindet sich kurz vor dem Ortseingang. Der Brief mit der Anmeldebestätigung ist aber hervorragend, eine Beschreibung wo ich Start und Ziel lässt mich locker hin finden. Auto und Hänger stelle ich erstnmal auf dem Gehsteig gegenüber ab, nehme die Anmeldebestätigung und gehe auf den Platz. Die Anmeldung ist nicht zu übersehen, im Hintergrund eine befahrbare Bühne.
Ich werde freundlich begrüßt und als man meinen Namen liest, weiß der ein oder andere, dass ich der bin, der die Baltic-Rallye mitgefahren ist. Diese Info wird auch gleich an die Umstehenden weitergegeben. Ich fühle mich ein wenig in die Rolle eines Helden gedrängt, die mir aber überhaupt nicht steht. Ich wiegel ab und dementiere, dass ich die Rallye gewonnen habe. Nein, wir haben nur den dritten Platz erreicht, erkläre ich.
Ich bekomme einen Zettel mit einer Haftungsausschlußerklärung, den ich unterschreiben soll und eine schwarze Tasche, in der sich neben meiner Startnummer in zwei verschienenen Größen, ein paar Aufklebern, einem Getränk, einem Schlüsselband mit einer gelben Karte dran und dem Roadbook auch eine Rolle Toilettenpapier, ein Shampoo und ein Einwegrasierer befindet. Ob das für irgenwelche Aufgaben unterwegs ist? überlege ich, während ich die Tasche und den Zettel ins Auto bringe und die Gilera vom Hänger hole.
Mit der muss ich zur technischen Abnahme. Dafür brauche ich den Zettel mit der Haftungsausschlusserklärung, die ich natürlich im Auto gelassen habe. Es gibt auch einen Eigenbau-Rollenprüfstand. Da muss ich aber nicht drauf. Ich werde gefragt, wie schnell sie läuft und antworte ehrlich. Sie ist halt eine Italienerin und dort durfte sie schneller fahren als das bei uns erlaubt war. Ein wenig Fachsimpelei macht den beiden Blaukitteln mit der Aufschrift PRÜFF hinten drauf offenbar klar, dass ich genug technisches KnowHow habe, um zu wissen, wie man das Mokick in einen aus technischer Sicht sicheren Zustand bringt – die Prüfung fällt eher kurz aus. Ich musste die Gilera noch nicht einmal anlassen. Der PRÜFF wäre für mich auf jeden Fall eine Alternative zum TÜV 😉
Anschließend werde ich auf die befahrbare Bühne gebeten um mich dort mit Moped fotografieren zu lassen. Dafür ist extra ein Holzrahmen vorbereitet, vor dem ein Studioblitz steht. Ein professionell wirkender Fotograf macht zwei Fotos von der Gilera und mir.
Ich rolle auf der anderen Seite von der Bühne und stelle die Gilera ab. Sofort kommen ein paar Interessierte heran und fragen nach Baujahr und technischen Details. Meine XT-Stammtischkollegen sind auch schon da – Peter ist erst neu dabei, ich sehe ihn zum ersten Mal persönlich. Rebecca ist noch nicht hier, auch nicht, als wir zum Briefing in die benachbarte Disco gebeten werden.
Im Käfig mit der Pole-Dance-Stange steht ein Tisch mit den Pokalen, auf einem großen Fernseher läuft die Fußball-WM. Manuel kommt den Fußballbegeisterten entgegen und wartet noch ab, bis das Spiel zu Ende ist, bevor er mit dem Briefing beginnt.
Der Ehrenkodex ‚wir halten uns an die StVo und provozieren andere Verkehrsteilnehmer nicht‚ bildet die Einleitung, daraufhin wird das kleine Roadbüchlein vorgestellt. Jede Kreuzung ist mit einem Bild dort eingefügt, so dass man kaum falsch abbiegen kann, vor der Kreuzung sind gelbe Schilder aufgstellt. Noch ein paar Infos zum morgigen Ablauf, dann beginnt der gemütliche Teil.
Wir bleiben noch ein wenig, aber es ist recht laut, um sich zu unterhalten. Da ich noch nichts zu Abend gegessen habe, schließe ich mich dem Charlie und seiner Bekannten an. Beim Italiener nebenan gibt es eine Pizza für die Beiden und einen Salat für mich. Zurück beim Lokal sind Chris und Peter nicht mehr zu finden, es ist viertel vor Elf und ich war noch nicht im Hotel. Deshalb lade ich die Gilera auf und fahre die paar Kilometer zurück.
Dort werde ich schon vermisst, der Besitzer des Hotels – Mario Karlinger – ist gleichzeitig auch Schriftführer des Mopedvereins. Und natürlich weiß auch er von meiner Teilnahme beim Baltic Sea Circle. Ich frage, wo ich Auto und Hänger hinstellen kann, lade die Gilera wieder ab und bringe meine Sachen aufs Zimmer. An der Bar sitzt ein Teil des OK von der Allgäu Orient Rallye, einige Mitglieder des Mopedvereins und weitere Teilnehmer.
Obwohl ich schon todmüde bin, setze ich mich dazu. Wir unterhalten uns angeregt über dies und das, letztendlich ist es halb Zwei, bis ich mich losreiße, um ins Bett zu gehen. Ich bin lange nicht der Letzte.
Um 5:00 Uhr klingelt mein Wecker, trotz der Vorfreude auf das, was mich erwartet, fällt es mir schwer, aus dem Bett zu kommen. Eine Dusche spült die Lebensgeister wenigstens teilweise in meinen Körper. Ich ziehe die Motorradklamotten an, die Stiefel, die Jacke und den Helm habe ich im Auto gelassen. Unten an der Bar gibt es Frühstück – ungeplant! Ein Angestellter des Hotels ist extra für uns so früh aufgestanden und hat direkt neben der Küche ein provisorisches Buffett aufgebaut. Klasse! Ich telefoniere mit Chris, er will Rebecca vorbeibringen, damit sie mein Auto samt Hänger holen kann – sie wird heute den Besenwagen für uns fahren. Während ich Regenklamotten und Werkzeug in die Hecktasche der Gilera packe, brechen die anderen Auf. Es ist 20 Minuten vor sechs, eigentlich sollten wir schon seit 10 Minuten am Start sein.
Rebecca ruft an und fragt nochmal nach dem Weg, ich ziehe derweil meine Motorradsachen an. Dann ein Anruf, dass sie mich nicht gefunden haben und wieder zum Start gefahren sind. Ich starte den Motor und fahre ebenfalls zum Start. Keine Sekunde zu früh komme ich dort an, gerade beginnt die Moderation. Wir besprechen noch kurz im Team, dass wir nicht zwingend zusammenbleiben, weil zumindest ich noch gar nicht weiß, wie meine Gilera läuft.
Eine Minute vor Sechs fährt Patrick Grüner los – mit dem Fahrrad. Er darf nicht überholt werden und wird so die Mindestzeit für die Runde vorgeben. Pünktlich um Sechs der Countdown, dann Massenstart, Es knattert, es raucht, es wird ein wenig hektisch, manch einer versucht sich durch die Lücken nach vorne zu manövrieren.
Rebecca sitzt bei Chris hinten auf der Schwalbe, meine Italienerin ist ein reiner Einsitzer. Die Strecke führt am Hotel vorbei, so bekommen wir unseren Besenwagen mit wenig Zeitaufwand auf die Strecke.
Ich fahre vor, die beiden Schwalben folgen mir. Wo immer es geht, überhole ich, um etwas Zeit herauszuholen, denn zwei Kilometer weiter verlassen wir den Pulk und biegen zum Hotel ab. Während Peter oben an der Straße wartet, bringt Chris die Rebecca zum Auto, die von mir ein paar Informationen bekommt und aus dem Parkplatz gelotst wird.
Chris ist im Rennfieber und schon weg, ich fahre hinter dem Auto her, bis wir wieder an der Straße sind. Dort warten die beiden Schwalben, bis ich in Sichtweite bin, gemeinsam fahren wir dem Pulk hinterher, der weder zu sehen, noch zu riechen ist.
Dann tauchen die ersten Mopeds vor uns auf, wir überholen einige. Als ich an Charlie und später an Wilfried vorbeifahre, nehme ich mir Zeit für einen Plausch von Moped zu Moped, die Schwalben jagen derweil davon.
In Ötz der erste Kreisverkehr mit Abzweig. Peter erzählt mir später, dass Chris vor lauter Eifer geradeaus drüber geprescht ist. Ich bin ein ganzes Stück weiter hinten und langsamer unterwegs, das Schild ist gut zu sehen.
Ab hier beginnt die erste Steigung zum Kühtaisattel – mit 16% Steigung der steilste Anstieg der heutigen Tour. Dazwischendrin eine Baustelle mit Ampel, davor die zwei Schalben mit einem großen Benzinfleck darunter. Ich halte an, die beiden haben die Lage im Griff, meine Schrauberfähigkeiten werden nicht gebraucht. Ich halte die Aktion derweil auf Video fest. Auch einige andere Mopedfahrer bieten ihre Hilfe an, das dazukommende Servicefahrzeug können wir weiterschicken.
Der Vergaser ist mit neuer Nadel schnell wieder eingebaut, wenig später sind wir wieder dabei, die Steigung zu bewältigen. Ich bin schon ewig keinen Zweitakter mehr über so eine Steigung gefahren. Die Drehzahlen sind für einen XT-Fahrer gewöhnungsbedürftig, weshalb ich zu früh das Gas zumache und deshalb ständig am Schalten bin. Dennoch bin ich schnell genug, um andere Teilnehmer zu überholen.
Am Sattel angelangt, erreichen wir die erste Durchgangskontrolle. Seitlich auf den Startnummern ist ein Strichcode, der per Smartphone eingelesen wird. So können die Jungs und Mädels von der Organisation recht einfach feststellen, wann alle Teilnehmer durch sind. Eine klasse Idee, mit der man sicherstellen kann, dass niemand auf der Strecke zurückbleibt.
Ich mache mir ein wenig Sorgen um Rebecca. Am Kontrollpunkt haben wir nun schon 15 Minuten Pause gemacht und sie ist noch immer nicht da. Ein Anruf gibt Entwarnung: Es gab schon zwischen Sölden und Ötz den ersten Motorschaden an einem Roller. Den hat sie aufgeladen und zurückgebracht.
Chris hat bei einer fremden Simson das Fehlen einer Schraube an der Gabelbrücke bemerkt und hilft auch hier tatkräftig mit, das Ostmoped wieder fit zu bekommen. Dann jagen die Beiden davon, während ich noch ein wenig filme.
Bergab rolle ich mit gezogener Kupplung. Das Fahrwerk der Gilera könnte in der damaligen Zeit auch für eine 250er konzipiert sein, die Bremsen gehen gut, so kann ich es ordentlich laufen lassen. Grandiose Landschaft um mich herum. Weiße Wolken schieben sich um die Bergspitzen, die Sonne bringt langsam Wärme in die Luft. Eine Herde Longhorns links und rechts der Straße will so gar nicht dazu passen.
In Kematen wieder ein Kreisverkehr, erste Ausfahrt. Rechts ein Lebensmittelgeschäft und schon ein paar geparkte Mopeds. Auch ich stelle die Gilera ab und hole mir eine Leberkäsesemmel zum zweiten Frühstück.
Während ich diese verdrücke, kommen zwei Roller an, weißer Nebel quilt aus dem Auspuff und der Motor stottert. Sie halten neben mir, gemeinsam überlegen wir, was die Ursache sein könnte. Zylinderkopfdichtung kann es nicht sein, es sind luftgekühlte Motoren. Öl würde eher blau qualmen. Die Kerze ist verrußt. Trotzdem kann sich das keiner erklären. Die Lösung findet sich dann im Team. zu fünft sind sie unterwegs, alle fünf haben das gleiche Problem. Und alle fünf haben wenig vorher getankt – aus einem Kanister, den einer der fünf schon am Montag mit dem guten Ultimate gefüllt hat. Was er wohl nicht wusste: Es gibt auch Ultimate-Diesel. Nachdem er erstmal ein wenig Schimpfe von den Kollegen ertragen musste, waren sie dan doch erleichtert, dass das Problem relativ einfach behoben werden konnte. Diesel raus und Benzin rein und das Problem ist aus der Welt.
Weiter geht es über Völs nach Innsbruck. Nach Natters wieder Mopped- und heute auch Mopedstrecke, es wird kurvig. Viele Markierungen auf der Straße zeugen davon, dass hier viel passiert. Manche Motorradfahrer überschätzen sich offenbar oder können es nicht erwarten, zum Brennerpass zu kommen. Das ist auch unser nächstes Ziel. Ein Stück weit fahre ich zusammen mit Wilfried, dann ziehe ich ein wenig am Gas und bringe die Gilera in ihre Komfortzone. Oben die Brücke der Brennerautobahn, ich fahre unten durchs Tal. Mit jedem Kilometer nimmt der Verkehr auf der Straße merklich zu. Am Brenner ist gerade Markt. Schon im Ort unzählige Menschen auf der Straßen und an den Tischen der benachbarten Cafes. Neben dem Markt die Straße zugeparkt.
Ein paar Kilometer weiter, wir sind schon in Italien – der Heimat meiner Gilera – angelangt, der nächste Kontrollpunkt, gleichzeitig auch ‚Labestation‘. Es gibt Wiener und etwas zu trinken für jeden. Ein Notstromaggregat liefert die Energie, um das Wasser aufzuheizen. Als ich ankomme, satteln meine drei Kollegen gerade wieder auf und fahren weiter. Meine Pause wird etwas länger, es sind gerade frische (kalte) Wiener ins Wasser gekommen. Wilfried ist mittlerweile auch angekommen. Der Bierkasten auf seinem Mini-Moped ist eine super Idee, denke ich mir. Die Separatoren für die Flaschen sind so ausgeschnitten, dass ein Öl- und ein Benzinkanister darin Halt finden, der Rest ist noch da, so dass man auch Getränke abstellen kann.
Frisch gestärkt geht es dann weiter. Wilfried ist schon vor mir los, ich habe mal wieder fotografiert und gefilmt – aber heute geht es ja nicht um Geschwindigkeit.
In Gossensas erinnere ich mich an einen Besuch in meiner Jugend. Man ist das lange her. Damals dürfte ich so um die 14 gewesen sein. Der Weg führt mich weiter nach Sterzing und von da aus den Jaufenpass hinauf. Bei meinem letzten Besuch hier habe ich in Sterzing übernachtet. Mittlerweile habe ich ein Gefühl für die Gilera bekommen. im 3. Gang zwischen 7.000 und 9.000 U/min hat sie genug Dampf um mich mit 35 km/h den Jaufenpass quasi hinauf zu katapultieren. Immer wieder überhole ich kleinere Grüppchen von Mopedmarathonern. Jeder grüßt jeden freundlich. Mehrmals halte ich an exponierten Stellen an, hole die Kamera heraus und filme die Kollegen, die meist freundlich in die Kamera winken, wenn sie mich passieren.
Ein Radler strampelt vorbei und erinnert sich an seine Gilera, die er früher hatte. Viele der italienischen Motorradfahrer heben den Daumen nach oben und zeigen so ihre Anerkennung an die Verrückten, die mit Mopeds die Traumpässe der Motorradfahrer angehen. Die mit den deutschen Kennzeichen sehen das eher verbissen.
Oben angekommen passiere ich die Kontrollstelle und lasse vorsichtshalber den Motor noch etwas nachlaufen, damit er sich ein wenig abkühlen kann. Peter und Chris sind auch da, aber schon wieder am Aufbrechen. Sie haben heute ihren Spaß, bergab Motorräder zu jagen und haben wohl schon eine Gruppe Ducatis versägt (überholt). Und das mit 30 Jahre alten Schwalben.
Ich warte hier auf Rebecca, die gerade in Sterzing ankommt, als ich die Passhöhe erreiche. Wir machen gemeinsam Pause, genießen das Treiben um uns herum. Manche der Teilnehmer sind so froh, als sie den Scheitel erreichen, dass sie die Kontrollstelle übersehen und zurück gepfiffen werden müssen.
Beim Aufbruch winke ich Rebecca mit dem Gespann aus dem Parkplatz, dann rolle ich hinter ihr zu Tal. An einer günstigen Stelle fährt sie rechts ran und lässt mich und die Motorradfahrer vorbei. Leider machen das nicht alle Autos so, so kommt es immer wieder zu riskanten Überholmanövern. Ich warte auf eine sichere Stelle, dann ziehe auch ich an den Autos vorbei. Dabei muss ich auf die Motorradkollegen aufpassen, die eigentlich sehen müssten, dass ich viel schneller bin als das Auto, trotzdem rücksichtslos an mir vorbeiziehen, obwohl der Platz kaum reicht. Es regnet ziemlich heftig über zwei Drittel der Talfahrt.
In St. Leonhard geht es scharf rechts in Richtung Timmelsjoch. Direkt am Anstieg sehe ich einen der Schweizer Kollegen, der neben dem Moped kniet. Ich wende und frage, ob ich helfen kann. Nein, er hat nur Angst um den Hinterreifen, sonst alles ok. Beim nächsten Tunnel überholen mich zwei Belgische Motorräder trotz Gegenverkehr. Bei der nächsten Kehre merke ich, dass die keine Alpenerfahrung haben. Die Kehren nehmen sie eher im Schrittempo, während ich das Mokick auf Drehzahl halten muss. Regelmäßig laufe ich nach jeder Kehre auf die Beiden auf, überholen kann ich aber nicht, weil jede Menge Gegenverkehr entgegenkommt und mein Überholweg dann doch recht lang ist. Eine lange Gerade schafft ein wenig Abstand zwischen uns und ich kann die Kehren wieder genießen. Noch nie vorher habe ich solche Kehren gefahren, ohne vom Gas zu gehen. Vor mir ein Teilehmer mit einer Puch, er strampelt mit und unterstützt so den Motor. Dann kommt eine Stelle, wo es ein wenig flacher wird. Ich schalte hoch, verliere dabei an Drehzahl und Geschwindigkeit, worauf die Puch wieder an mir vorbei zieht. Das wiederholt sich noch einige Male, wir lachen miteinander, wenn einer den anderen passiert. Kein Konkurrenzkampf, nur Spaß am Fahren.
Die Wolken hängen tief und schmiegen sich um den Fels. Ab und an fahre ich direkt in die Wolkenfetzen hinein, dann wieder blauer Himmel und Sonne. Obwohl ich mit 25km/h und mehr viel schneller bin als die meisten anderen Teilnehmer dieser Veranstaltung bin ich doch gehörig langamer als mit der XT. Deshalb nehme ich viel mehr Details wahr, habe mehr Zeit, den Blick nach links und rechts und auch mal nach unten zu wenden. Was für eine klasse Idee, so etwas mit dem Mokick zu machen!
Kurz unterhalb des oberen Tunnels werde ich auf eine Ausweichstelle gewunken. Ein paar Mopeds stehen schon da. Der Videofilmer möchte gerne eine Szene mit einem ordentlichen Pulk machen, deshalb werden hier Mopeds gesammelt. Die Sicht ist gut, man kann fast bis St. Leonhard sehen. Die Mopeds sind wie die Motorräder winzige Punkte, nur an der Geschwindigkeit kann man sie identifizieren.
Es werden wohl so 40 Minuten gewesen sein, dann ist die Meute große genug. Eine Drohne filmt die Szene von oben, wir setzen die Helme auf und starten die Motoren.Ein paar Leute vom Serviceteam sperren die Straße oben und unten ab, so dass wir das Stück ganz für uns alleine haben. Vor dem Tunnel ein Kiosk, die Menschen dort winken uns zu, während ich röhrend in den Tunnel eintauche. Auf der anderen Seite liegt noch viel Schnee neben der Straße. Viele Bilder von vielen vergangenen Touren hier in meinem Kopf, ich kann mich nicht sattsehen. Am Parkplatz die letzte Durchfahrtskontrolle, ich fahre anschließend weiter – hinüber zur Mautstation. Dort wartet Rebecca mit unserem Besenwagen, was mir sehr entgegen kommt, denn ich fahre schon auf Reserve. So brauche ich den kleinen Ersatzkanister hinter der Sitzbank nicht zu bemühen. Wir pausieren kurz gemeinsam, bevor ich mich an die Abfahrt mache. Leider ist die Speicherkarte der GoPro voll, ich speichere die Bilder im Kopf. Die Gilera läuft bergab wie eine Große, zieht an ein paar Autos vorbei, die sicher ihren Augen nicht trauen, wenn sie das kleine Kennzeichen am Heck sehen. Ein Polizeiauto kommt entgegen, man grüßt mich freundlich.
In Obergurgel reduziere ich die Geschwindigkeit, in der Galerie lass ich die Zügel wieder locker. Viel zu schnell erreiche ich den Ortseingang von Sölden. Am liebsten würde ich noch eine zweite Runde fahren.
Weil ich noch keine Lust habe, ins Ziel zu fahren, stelle ich die Gilera auf den Hauptständer und hole die Canon aus der Tasche. Wann immer ein Schwung Mopeds kommt, filme ich deren Ankunft in Sölden. Als über zwei Ampelphasen niemand mehr kommt, kicke ich meine Italienerin an und fahre ins Ziel. Dort wird meine Zeit genommen, es sind noch mehr als die Hälfte der Mopeds auf der Strecke, erfahre ich.
Charly und seine Bekannte kommen vorbei, sie sind schon länger da und waren schon zum essen. Charly ist quasi die ganze Zeit hinter dem Fahrrad von Patrick Grüner hergefahren und wurde erst kurz vor dem Ziel von zwei Schweizern überholt. Peter und Chris sind auch schon lange da und haben sich zum Campingplatz zurückgezogen. Ich genieße die Gespäche mit den Anderen. Ein älterer Herr mit DKW-Mütze schaut mein Moped interessiert an. Ich spreche ihn an und komme mit ihm ins Gespräch. Wir sind beide Mitglied im DKW Motorrad Club. Ein interessantes Gespräch entwickelt sich, bis es für ihn Zeit wird, weiter zu fahren.
Ich fahre zum Campingplatz, um noch ein wenig mit meinen Teamkollegen ‚abzuhängen‘. Weil der Focus auch da ist, lade ich die Gilera gleich auf. Chris möchte gerne nach der Siegerehrung nach Hause. Das bringt Peter ein wenig in Druck, weshalb ich anbiete, ihn morgen mitzunehmen. Während Chris sein Zelt abbaut und einpackt, laden wir bei mir schonmal die Sachen vom Peter ein, die er nicht mehr braucht.
Dann machen wir uns auf zur Siegerehrung. Das Lokal ist schon gut gefüllt, als wir ankommen. Manuel macht eine Durchsage, dass es doch länger dauert als geplant, die Auswertung soll genau gemacht werden und ist aufgrund des großen Starterfeldes dann doch recht aufwendig.
Dann ist es doch so weit. Zwei Papierstapel werden zum Pult gereicht, auf dem die Pokale stehen. Zuerst gibt es einen Sonderpokal für die weiteste Anreise. Dieser geht nach Ostfriesland – Wahnsinn wie groß das Einzugsgebiet für diese Veranstaltung schon beim ersten Mal ist.
Dann gibt es zuerst die Ehrung für die Schaltgetriebe. Man hat keinen Plan, wo in etwa man in der Gesamtwertung liegt, denn hier gewinnt nicht der Schnellste, sondern derjenige, dessen Gesamtzeit möglichst nahe am Mittel zwischen der Mindestzeit (die Patrick Grüner vorgegeben hat) und der Gesamtzeit des langsamsten Fahrers liegt.
Auch für die Automatik-Fahrzeuge gibt es drei Pokale, auch hier in Form eines Kolbens auf einem Pleuel, der auf einem Sockel aus Söldener Granit steht. Der Betreiber des Snow Rock, in der die Siegerehrung stattfindet, hat noch einen Sonderpreis gestiftet. Der geht an das außergewöhnlichste Ereignis von heute und das war wohl unbestritten das Tanken mit Diesel.
Den größten Preis in Form einer Bremsscheibe auf Granitsockel bekommt der langsamste Fahrer des kompletten Feldes.
Anschließend gibt es ein Foto mit den Organisatoren und allen Gewinnern draußen auf der Bühne. Wir nutzen die Gelegenheit, um vorher noch schnell ein Gruppenfoto vom XT-Stammtisch zu machen.
Auf dem Startplatz von heute morgen entwickeln sich noch viele interessante Gespräche. In der Zwischenzeit zieht sich der Rest des Stammtisch-Teams auf den Campingplatz zurück. Weil ich mit meinem Rücken nicht gut am Boden sitzen kann und weil ich hier noch vielen Leuten mal die Hand schütteln mag, bleibe ich hier. Zwei der Jungs vom Allgäu-Orient-Team haben Blut geleckt und wollen morgen auf eigener Achse nach Hause. Der Start ist für 6:00 Uhr geplant, da haben die Tankstellen aber noch nicht auf. So fragen sich die Jungs durch, wo sie etwas Benzin für ihre Mopeds herbekommen können.
Es ist fast Mitternacht, als ich todmüde zum Auto gehe und samt Gilera auf dem Hänger zum Hotel fahre. der Parkplatz von heute morgen ist noch frei, da stelle ich mein Gespann ab und ignoriere diesmal, dass auch heute wieder ein paar Teilnehmer an der Bar sitzen. Ich brauche dringend ein Bett.
Obwohl ich die letzten beiden Nächte sehr wenig geschlafen habe, wache ich schon lange vor dem Wecker auf. Heute habe ich viel Zeit für duschen und Frühstück. Ich setze mich zu anderen Teilnehmern an den Tisch, wir lassen das Erlebte von gestern nochmal Revue passieren. Übereinstimmend ist der Tenor von allen Teilnehmern, dass es eine klasse Veranstaltung war. Es gibt nichts, was man hätte besser machen können!
Auch mit dem Allgäu-Orient-Team komme ich nochmal ins Gespräch. Hier reden wir in erster Linie um Syrien und um die Schicksale der Menschen dort, die Wilfried und sein Team bei den Rallyes kennen gelernt haben.
Dann checke ich aus, verabschiede mich von neuen und alten Bekannten und steige ins Auto, um den Peter am Campingplatz abzuholen. Meine beiden Frühstückspartner folgen mir, sie wollen das gute Wetter nutzen, um mit der Seilbahn auf den Berg zu fahren. Dabei hat mir der Lars beim Frühstück noch erzählt, dass er Höhenangst hat und schon die Straße vom Timmelsjoch eine mentale Herausforderung für ihn war.
Rebecca und Peter sind gerade am zusammenpacken von den Zelten und der Ausrüstung, ich komme genau zur richtigen Zeit. Wir verstauen die Sachen bei mir im Auto, bzw. am der XT von Rebecca, bevor wir diese verabschieden. Noch schnell am Campingplatz ausgechecked, dann fahren wir los. Das erste Stück auf dem Weg nach Reutte folgt uns Rebecca mit ihrer blauen Yamaha, bevor sie in Richtung Chiemsee abbiegt.
Die Fahrt ist kurzweilig, wir unterhalten uns angeregt und stellen fest, dass wir einen ziemlich ähnlichen Lebenslauf und auch eine ähnliche Einstellung haben. Zwischendurch wird Peter seiner Rolle auf dem Beifahrersitz gerecht und gibt Abbiegeanweisungen. In Reutte tanke ich nochmal voll und fülle auch die Reservekanister, dann wechseln wir zurück nach Deutschland. Über schöne, kleine, kurvige Straßen geht es ins Allgäu, wo wir von Chris erwartet werden. Da laden wir die Sachen um, ich verabschiede mich und fahre über Landsberg zurück. Von da aus mache ich einen kleinen Schlenker zu meiner Werkstatt, wo ich Motorrad und Hänger, Dachbox, Werkzeug und Ersatzteile verstaue, bevor ich mich auf die letzten Kilometer nach Hause mache. Elisabeth erwartet mich schon und ist schon neugierig darauf, was ich zu erzählen habe.
Ein gelungenes Event, vielen Dank an alle die, die das auf die Beine gestellt haben. Ich freue mich schon auf das nächste Jahr, wenn das Zweitakt-Geknatter wieder durch die Berge hallt. Wenn alles klappt, dann wird sich auch noch ein 4Takt-Echo dazugesellen mit Elisabeth als Fahrer.
Die meisten Bilder in diesem Bericht sind diesmal nicht von mir, sondern wurden von den Jungs von Irudia.at gemacht und den Teilnehmern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!
5 Jul 2014
Samstag, 05.07.2014 Ötztaler Mopedmarathon
Freitag gegen 14:30 komme ich aus dem Büro. Die Gilera habe ich schon auf dem Hänger mit nach München genommen. Erst dort fällt mir ein, dass meine Motorrad-Verbandtasche in der XT ist. In Österreich ist das Mitführen eines Verbandkastens vorgeschrieben.
Dann schlage ich halt einen kleinen Haken und fahr bei Louis vorbei, denke ich mir. Kein Problem.
Dort angekommen lege ich auch noch zwei Tuben Reifen-Montagegel in den Einkaufskorb. Wenn ich schon mal hier bin, kann ich die zur Neige gehenden Bestände auffüllen. Auf dem Weg zur Kasse komme ich bei den Helmen vorbei. Einer davon sticht mir ins Auge. Hab zwar den Schuberth im Auto dabei, meinen Jethelm habe ich zu Hause gelassen, der ist einfach schon zu alt.
Eine nette Verkäuferin kommt vorbei und fragt, ob sie mir helfen kann. Sie hilft mir, ein paar Helme für meinen Dickkopf aus dem Sortiment herauszusuchen, die ich dann nacheinander anprobiere. Ich entscheide mich für den Caberg, weil der am Besten sitzt und ein eingebautes Sonnenvisier hat. Aus der Verbandtasche ist dann doch noch ein stattlicher Einkauf geworden. Nun geht es aber wirklich los.
Durch den Feierabendverkehr rauf auf die Garmischer Autobahn. Trotz Hänger hintendran komme ich gut voran. Die Temperatur und der weißblaue Himmel locken viele Motorradfahrer aus ihren Verstecken, je näher ich den Alpen komme, um so größer werden die Gruppen.
Irgendwann fällt mir auf, dass fast ausschließlich BMW’s unterwegs sind, bis mir dann wieder einfällt, dass dieses Wochenende ja die BMW-Days in Garmisch stattfinden. Was mir auffällt: Selbst untereinader grüßen sich nur sehr wenige BMW-Fahrer, ein schönes Ritual scheint langsam auszusterben.
In Imst halte ich, um das Auto zu tanken und auch um den Kanister für die Gilera voll zu machen. Das Zweitaktöl habe ich zu Hause schon eingefüllt. Ein paar Kilometer weiter sehe ich einen Waschplatz und spüle den Staub von der Gilera, der noch von der Testfahrt stammt.
Gegen 19:00 Uhr erreiche ich Sölden. Mein Navi ist mit der Adresse meiner Unterkunft für die nächsten zwei Nächte gefüttert, diese befindet sich kurz vor dem Ortseingang. Der Brief mit der Anmeldebestätigung ist aber hervorragend, eine Beschreibung wo ich Start und Ziel lässt mich locker hin finden. Auto und Hänger stelle ich erstnmal auf dem Gehsteig gegenüber ab, nehme die Anmeldebestätigung und gehe auf den Platz. Die Anmeldung ist nicht zu übersehen, im Hintergrund eine befahrbare Bühne.
Ich werde freundlich begrüßt und als man meinen Namen liest, weiß der ein oder andere, dass ich der bin, der die Baltic-Rallye mitgefahren ist. Diese Info wird auch gleich an die Umstehenden weitergegeben. Ich fühle mich ein wenig in die Rolle eines Helden gedrängt, die mir aber überhaupt nicht steht. Ich wiegel ab und dementiere, dass ich die Rallye gewonnen habe. Nein, wir haben nur den dritten Platz erreicht, erkläre ich.
Ich bekomme einen Zettel mit einer Haftungsausschlußerklärung, den ich unterschreiben soll und eine schwarze Tasche, in der sich neben meiner Startnummer in zwei verschienenen Größen, ein paar Aufklebern, einem Getränk, einem Schlüsselband mit einer gelben Karte dran und dem Roadbook auch eine Rolle Toilettenpapier, ein Shampoo und ein Einwegrasierer befindet. Ob das für irgenwelche Aufgaben unterwegs ist? überlege ich, während ich die Tasche und den Zettel ins Auto bringe und die Gilera vom Hänger hole.
Mit der muss ich zur technischen Abnahme. Dafür brauche ich den Zettel mit der Haftungsausschlusserklärung, die ich natürlich im Auto gelassen habe. Es gibt auch einen Eigenbau-Rollenprüfstand. Da muss ich aber nicht drauf. Ich werde gefragt, wie schnell sie läuft und antworte ehrlich. Sie ist halt eine Italienerin und dort durfte sie schneller fahren als das bei uns erlaubt war. Ein wenig Fachsimpelei macht den beiden Blaukitteln mit der Aufschrift PRÜFF hinten drauf offenbar klar, dass ich genug technisches KnowHow habe, um zu wissen, wie man das Mokick in einen aus technischer Sicht sicheren Zustand bringt – die Prüfung fällt eher kurz aus. Ich musste die Gilera noch nicht einmal anlassen. Der PRÜFF wäre für mich auf jeden Fall eine Alternative zum TÜV 😉
Anschließend werde ich auf die befahrbare Bühne gebeten um mich dort mit Moped fotografieren zu lassen. Dafür ist extra ein Holzrahmen vorbereitet, vor dem ein Studioblitz steht. Ein professionell wirkender Fotograf macht zwei Fotos von der Gilera und mir.
Ich rolle auf der anderen Seite von der Bühne und stelle die Gilera ab. Sofort kommen ein paar Interessierte heran und fragen nach Baujahr und technischen Details. Meine XT-Stammtischkollegen sind auch schon da – Peter ist erst neu dabei, ich sehe ihn zum ersten Mal persönlich. Rebecca ist noch nicht hier, auch nicht, als wir zum Briefing in die benachbarte Disco gebeten werden.
Im Käfig mit der Pole-Dance-Stange steht ein Tisch mit den Pokalen, auf einem großen Fernseher läuft die Fußball-WM. Manuel kommt den Fußballbegeisterten entgegen und wartet noch ab, bis das Spiel zu Ende ist, bevor er mit dem Briefing beginnt.
Der Ehrenkodex ‚wir halten uns an die StVo und provozieren andere Verkehrsteilnehmer nicht‚ bildet die Einleitung, daraufhin wird das kleine Roadbüchlein vorgestellt. Jede Kreuzung ist mit einem Bild dort eingefügt, so dass man kaum falsch abbiegen kann, vor der Kreuzung sind gelbe Schilder aufgstellt. Noch ein paar Infos zum morgigen Ablauf, dann beginnt der gemütliche Teil.
Wir bleiben noch ein wenig, aber es ist recht laut, um sich zu unterhalten. Da ich noch nichts zu Abend gegessen habe, schließe ich mich dem Charlie und seiner Bekannten an. Beim Italiener nebenan gibt es eine Pizza für die Beiden und einen Salat für mich. Zurück beim Lokal sind Chris und Peter nicht mehr zu finden, es ist viertel vor Elf und ich war noch nicht im Hotel. Deshalb lade ich die Gilera auf und fahre die paar Kilometer zurück.
Dort werde ich schon vermisst, der Besitzer des Hotels – Mario Karlinger – ist gleichzeitig auch Schriftführer des Mopedvereins. Und natürlich weiß auch er von meiner Teilnahme beim Baltic Sea Circle. Ich frage, wo ich Auto und Hänger hinstellen kann, lade die Gilera wieder ab und bringe meine Sachen aufs Zimmer. An der Bar sitzt ein Teil des OK von der Allgäu Orient Rallye, einige Mitglieder des Mopedvereins und weitere Teilnehmer.
Obwohl ich schon todmüde bin, setze ich mich dazu. Wir unterhalten uns angeregt über dies und das, letztendlich ist es halb Zwei, bis ich mich losreiße, um ins Bett zu gehen. Ich bin lange nicht der Letzte.
Um 5:00 Uhr klingelt mein Wecker, trotz der Vorfreude auf das, was mich erwartet, fällt es mir schwer, aus dem Bett zu kommen. Eine Dusche spült die Lebensgeister wenigstens teilweise in meinen Körper. Ich ziehe die Motorradklamotten an, die Stiefel, die Jacke und den Helm habe ich im Auto gelassen. Unten an der Bar gibt es Frühstück – ungeplant! Ein Angestellter des Hotels ist extra für uns so früh aufgestanden und hat direkt neben der Küche ein provisorisches Buffett aufgebaut. Klasse!
Ich telefoniere mit Chris, er will Rebecca vorbeibringen, damit sie mein Auto samt Hänger holen kann – sie wird heute den Besenwagen für uns fahren. Während ich Regenklamotten und Werkzeug in die Hecktasche der Gilera packe, brechen die anderen Auf. Es ist 20 Minuten vor sechs, eigentlich sollten wir schon seit 10 Minuten am Start sein.
Rebecca ruft an und fragt nochmal nach dem Weg, ich ziehe derweil meine Motorradsachen an. Dann ein Anruf, dass sie mich nicht gefunden haben und wieder zum Start gefahren sind. Ich starte den Motor und fahre ebenfalls zum Start. Keine Sekunde zu früh komme ich dort an, gerade beginnt die Moderation. Wir besprechen noch kurz im Team, dass wir nicht zwingend zusammenbleiben, weil zumindest ich noch gar nicht weiß, wie meine Gilera läuft.
Eine Minute vor Sechs fährt Patrick Grüner los – mit dem Fahrrad. Er darf nicht überholt werden und wird so die Mindestzeit für die Runde vorgeben. Pünktlich um Sechs der Countdown, dann Massenstart, Es knattert, es raucht, es wird ein wenig hektisch, manch einer versucht sich durch die Lücken nach vorne zu manövrieren.
Rebecca sitzt bei Chris hinten auf der Schwalbe, meine Italienerin ist ein reiner Einsitzer. Die Strecke führt am Hotel vorbei, so bekommen wir unseren Besenwagen mit wenig Zeitaufwand auf die Strecke.
Ich fahre vor, die beiden Schwalben folgen mir. Wo immer es geht, überhole ich, um etwas Zeit herauszuholen, denn zwei Kilometer weiter verlassen wir den Pulk und biegen zum Hotel ab. Während Peter oben an der Straße wartet, bringt Chris die Rebecca zum Auto, die von mir ein paar Informationen bekommt und aus dem Parkplatz gelotst wird.
Chris ist im Rennfieber und schon weg, ich fahre hinter dem Auto her, bis wir wieder an der Straße sind. Dort warten die beiden Schwalben, bis ich in Sichtweite bin, gemeinsam fahren wir dem Pulk hinterher, der weder zu sehen, noch zu riechen ist.
Dann tauchen die ersten Mopeds vor uns auf, wir überholen einige. Als ich an Charlie und später an Wilfried vorbeifahre, nehme ich mir Zeit für einen Plausch von Moped zu Moped, die Schwalben jagen derweil davon.
In Ötz der erste Kreisverkehr mit Abzweig. Peter erzählt mir später, dass Chris vor lauter Eifer geradeaus drüber geprescht ist. Ich bin ein ganzes Stück weiter hinten und langsamer unterwegs, das Schild ist gut zu sehen.
Ab hier beginnt die erste Steigung zum Kühtaisattel – mit 16% Steigung der steilste Anstieg der heutigen Tour. Dazwischendrin eine Baustelle mit Ampel, davor die zwei Schalben mit einem großen Benzinfleck darunter. Ich halte an, die beiden haben die Lage im Griff, meine Schrauberfähigkeiten werden nicht gebraucht. Ich halte die Aktion derweil auf Video fest. Auch einige andere Mopedfahrer bieten ihre Hilfe an, das dazukommende Servicefahrzeug können wir weiterschicken.
Der Vergaser ist mit neuer Nadel schnell wieder eingebaut, wenig später sind wir wieder dabei, die Steigung zu bewältigen. Ich bin schon ewig keinen Zweitakter mehr über so eine Steigung gefahren. Die Drehzahlen sind für einen XT-Fahrer gewöhnungsbedürftig, weshalb ich zu früh das Gas zumache und deshalb ständig am Schalten bin. Dennoch bin ich schnell genug, um andere Teilnehmer zu überholen.
Am Sattel angelangt, erreichen wir die erste Durchgangskontrolle. Seitlich auf den Startnummern ist ein Strichcode, der per Smartphone eingelesen wird. So können die Jungs und Mädels von der Organisation recht einfach feststellen, wann alle Teilnehmer durch sind. Eine klasse Idee, mit der man sicherstellen kann, dass niemand auf der Strecke zurückbleibt.
Ich mache mir ein wenig Sorgen um Rebecca. Am Kontrollpunkt haben wir nun schon 15 Minuten Pause gemacht und sie ist noch immer nicht da. Ein Anruf gibt Entwarnung: Es gab schon zwischen Sölden und Ötz den ersten Motorschaden an einem Roller. Den hat sie aufgeladen und zurückgebracht.
Chris hat bei einer fremden Simson das Fehlen einer Schraube an der Gabelbrücke bemerkt und hilft auch hier tatkräftig mit, das Ostmoped wieder fit zu bekommen. Dann jagen die Beiden davon, während ich noch ein wenig filme.
Bergab rolle ich mit gezogener Kupplung. Das Fahrwerk der Gilera könnte in der damaligen Zeit auch für eine 250er konzipiert sein, die Bremsen gehen gut, so kann ich es ordentlich laufen lassen. Grandiose Landschaft um mich herum. Weiße Wolken schieben sich um die Bergspitzen, die Sonne bringt langsam Wärme in die Luft. Eine Herde Longhorns links und rechts der Straße will so gar nicht dazu passen.
In Kematen wieder ein Kreisverkehr, erste Ausfahrt. Rechts ein Lebensmittelgeschäft und schon ein paar geparkte Mopeds. Auch ich stelle die Gilera ab und hole mir eine Leberkäsesemmel zum zweiten Frühstück.
Während ich diese verdrücke, kommen zwei Roller an, weißer Nebel quilt aus dem Auspuff und der Motor stottert. Sie halten neben mir, gemeinsam überlegen wir, was die Ursache sein könnte. Zylinderkopfdichtung kann es nicht sein, es sind luftgekühlte Motoren. Öl würde eher blau qualmen. Die Kerze ist verrußt. Trotzdem kann sich das keiner erklären. Die Lösung findet sich dann im Team. zu fünft sind sie unterwegs, alle fünf haben das gleiche Problem. Und alle fünf haben wenig vorher getankt – aus einem Kanister, den einer der fünf schon am Montag mit dem guten Ultimate gefüllt hat. Was er wohl nicht wusste: Es gibt auch Ultimate-Diesel. Nachdem er erstmal ein wenig Schimpfe von den Kollegen ertragen musste, waren sie dan doch erleichtert, dass das Problem relativ einfach behoben werden konnte. Diesel raus und Benzin rein und das Problem ist aus der Welt.
Weiter geht es über Völs nach Innsbruck. Nach Natters wieder Mopped- und heute auch Mopedstrecke, es wird kurvig. Viele Markierungen auf der Straße zeugen davon, dass hier viel passiert. Manche Motorradfahrer überschätzen sich offenbar oder können es nicht erwarten, zum Brennerpass zu kommen. Das ist auch unser nächstes Ziel. Ein Stück weit fahre ich zusammen mit Wilfried, dann ziehe ich ein wenig am Gas und bringe die Gilera in ihre Komfortzone. Oben die Brücke der Brennerautobahn, ich fahre unten durchs Tal. Mit jedem Kilometer nimmt der Verkehr auf der Straße merklich zu. Am Brenner ist gerade Markt. Schon im Ort unzählige Menschen auf der Straßen und an den Tischen der benachbarten Cafes. Neben dem Markt die Straße zugeparkt.
Ein paar Kilometer weiter, wir sind schon in Italien – der Heimat meiner Gilera – angelangt, der nächste Kontrollpunkt, gleichzeitig auch ‚Labestation‘. Es gibt Wiener und etwas zu trinken für jeden. Ein Notstromaggregat liefert die Energie, um das Wasser aufzuheizen. Als ich ankomme, satteln meine drei Kollegen gerade wieder auf und fahren weiter. Meine Pause wird etwas länger, es sind gerade frische (kalte) Wiener ins Wasser gekommen. Wilfried ist mittlerweile auch angekommen. Der Bierkasten auf seinem Mini-Moped ist eine super Idee, denke ich mir. Die Separatoren für die Flaschen sind so ausgeschnitten, dass ein Öl- und ein Benzinkanister darin Halt finden, der Rest ist noch da, so dass man auch Getränke abstellen kann.
Frisch gestärkt geht es dann weiter. Wilfried ist schon vor mir los, ich habe mal wieder fotografiert und gefilmt – aber heute geht es ja nicht um Geschwindigkeit.
In Gossensas erinnere ich mich an einen Besuch in meiner Jugend. Man ist das lange her. Damals dürfte ich so um die 14 gewesen sein. Der Weg führt mich weiter nach Sterzing und von da aus den Jaufenpass hinauf. Bei meinem letzten Besuch hier habe ich in Sterzing übernachtet. Mittlerweile habe ich ein Gefühl für die Gilera bekommen. im 3. Gang zwischen 7.000 und 9.000 U/min hat sie genug Dampf um mich mit 35 km/h den Jaufenpass quasi hinauf zu katapultieren. Immer wieder überhole ich kleinere Grüppchen von Mopedmarathonern. Jeder grüßt jeden freundlich. Mehrmals halte ich an exponierten Stellen an, hole die Kamera heraus und filme die Kollegen, die meist freundlich in die Kamera winken, wenn sie mich passieren.
Ein Radler strampelt vorbei und erinnert sich an seine Gilera, die er früher hatte. Viele der italienischen Motorradfahrer heben den Daumen nach oben und zeigen so ihre Anerkennung an die Verrückten, die mit Mopeds die Traumpässe der Motorradfahrer angehen. Die mit den deutschen Kennzeichen sehen das eher verbissen.
Oben angekommen passiere ich die Kontrollstelle und lasse vorsichtshalber den Motor noch etwas nachlaufen, damit er sich ein wenig abkühlen kann. Peter und Chris sind auch da, aber schon wieder am Aufbrechen. Sie haben heute ihren Spaß, bergab Motorräder zu jagen und haben wohl schon eine Gruppe Ducatis versägt (überholt). Und das mit 30 Jahre alten Schwalben.
Ich warte hier auf Rebecca, die gerade in Sterzing ankommt, als ich die Passhöhe erreiche. Wir machen gemeinsam Pause, genießen das Treiben um uns herum. Manche der Teilnehmer sind so froh, als sie den Scheitel erreichen, dass sie die Kontrollstelle übersehen und zurück gepfiffen werden müssen.
Beim Aufbruch winke ich Rebecca mit dem Gespann aus dem Parkplatz, dann rolle ich hinter ihr zu Tal. An einer günstigen Stelle fährt sie rechts ran und lässt mich und die Motorradfahrer vorbei. Leider machen das nicht alle Autos so, so kommt es immer wieder zu riskanten Überholmanövern. Ich warte auf eine sichere Stelle, dann ziehe auch ich an den Autos vorbei. Dabei muss ich auf die Motorradkollegen aufpassen, die eigentlich sehen müssten, dass ich viel schneller bin als das Auto, trotzdem rücksichtslos an mir vorbeiziehen, obwohl der Platz kaum reicht. Es regnet ziemlich heftig über zwei Drittel der Talfahrt.
In St. Leonhard geht es scharf rechts in Richtung Timmelsjoch. Direkt am Anstieg sehe ich einen der Schweizer Kollegen, der neben dem Moped kniet. Ich wende und frage, ob ich helfen kann. Nein, er hat nur Angst um den Hinterreifen, sonst alles ok. Beim nächsten Tunnel überholen mich zwei Belgische Motorräder trotz Gegenverkehr. Bei der nächsten Kehre merke ich, dass die keine Alpenerfahrung haben. Die Kehren nehmen sie eher im Schrittempo, während ich das Mokick auf Drehzahl halten muss. Regelmäßig laufe ich nach jeder Kehre auf die Beiden auf, überholen kann ich aber nicht, weil jede Menge Gegenverkehr entgegenkommt und mein Überholweg dann doch recht lang ist. Eine lange Gerade schafft ein wenig Abstand zwischen uns und ich kann die Kehren wieder genießen. Noch nie vorher habe ich solche Kehren gefahren, ohne vom Gas zu gehen.
Vor mir ein Teilehmer mit einer Puch, er strampelt mit und unterstützt so den Motor. Dann kommt eine Stelle, wo es ein wenig flacher wird. Ich schalte hoch, verliere dabei an Drehzahl und Geschwindigkeit, worauf die Puch wieder an mir vorbei zieht. Das wiederholt sich noch einige Male, wir lachen miteinander, wenn einer den anderen passiert. Kein Konkurrenzkampf, nur Spaß am Fahren.
Die Wolken hängen tief und schmiegen sich um den Fels. Ab und an fahre ich direkt in die Wolkenfetzen hinein, dann wieder blauer Himmel und Sonne. Obwohl ich mit 25km/h und mehr viel schneller bin als die meisten anderen Teilnehmer dieser Veranstaltung bin ich doch gehörig langamer als mit der XT. Deshalb nehme ich viel mehr Details wahr, habe mehr Zeit, den Blick nach links und rechts und auch mal nach unten zu wenden. Was für eine klasse Idee, so etwas mit dem Mokick zu machen!
Kurz unterhalb des oberen Tunnels werde ich auf eine Ausweichstelle gewunken. Ein paar Mopeds stehen schon da. Der Videofilmer möchte gerne eine Szene mit einem ordentlichen Pulk machen, deshalb werden hier Mopeds gesammelt. Die Sicht ist gut, man kann fast bis St. Leonhard sehen. Die Mopeds sind wie die Motorräder winzige Punkte, nur an der Geschwindigkeit kann man sie identifizieren.
Es werden wohl so 40 Minuten gewesen sein, dann ist die Meute große genug. Eine Drohne filmt die Szene von oben, wir setzen die Helme auf und starten die Motoren.Ein paar Leute vom Serviceteam sperren die Straße oben und unten ab, so dass wir das Stück ganz für uns alleine haben. Vor dem Tunnel ein Kiosk, die Menschen dort winken uns zu, während ich röhrend in den Tunnel eintauche.
Auf der anderen Seite liegt noch viel Schnee neben der Straße. Viele Bilder von vielen vergangenen Touren hier in meinem Kopf, ich kann mich nicht sattsehen. Am Parkplatz die letzte Durchfahrtskontrolle, ich fahre anschließend weiter – hinüber zur Mautstation. Dort wartet Rebecca mit unserem Besenwagen, was mir sehr entgegen kommt, denn ich fahre schon auf Reserve. So brauche ich den kleinen Ersatzkanister hinter der Sitzbank nicht zu bemühen. Wir pausieren kurz gemeinsam, bevor ich mich an die Abfahrt mache. Leider ist die Speicherkarte der GoPro voll, ich speichere die Bilder im Kopf. Die Gilera läuft bergab wie eine Große, zieht an ein paar Autos vorbei, die sicher ihren Augen nicht trauen, wenn sie das kleine Kennzeichen am Heck sehen. Ein Polizeiauto kommt entgegen, man grüßt mich freundlich.
In Obergurgel reduziere ich die Geschwindigkeit, in der Galerie lass ich die Zügel wieder locker. Viel zu schnell erreiche ich den Ortseingang von Sölden. Am liebsten würde ich noch eine zweite Runde fahren.
Weil ich noch keine Lust habe, ins Ziel zu fahren, stelle ich die Gilera auf den Hauptständer und hole die Canon aus der Tasche. Wann immer ein Schwung Mopeds kommt, filme ich deren Ankunft in Sölden. Als über zwei Ampelphasen niemand mehr kommt, kicke ich meine Italienerin an und fahre ins Ziel. Dort wird meine Zeit genommen, es sind noch mehr als die Hälfte der Mopeds auf der Strecke, erfahre ich.
Charly und seine Bekannte kommen vorbei, sie sind schon länger da und waren schon zum essen. Charly ist quasi die ganze Zeit hinter dem Fahrrad von Patrick Grüner hergefahren und wurde erst kurz vor dem Ziel von zwei Schweizern überholt. Peter und Chris sind auch schon lange da und haben sich zum Campingplatz zurückgezogen. Ich genieße die Gespäche mit den Anderen. Ein älterer Herr mit DKW-Mütze schaut mein Moped interessiert an. Ich spreche ihn an und komme mit ihm ins Gespräch. Wir sind beide Mitglied im DKW Motorrad Club. Ein interessantes Gespräch entwickelt sich, bis es für ihn Zeit wird, weiter zu fahren.
Ich fahre zum Campingplatz, um noch ein wenig mit meinen Teamkollegen ‚abzuhängen‘. Weil der Focus auch da ist, lade ich die Gilera gleich auf. Chris möchte gerne nach der Siegerehrung nach Hause. Das bringt Peter ein wenig in Druck, weshalb ich anbiete, ihn morgen mitzunehmen. Während Chris sein Zelt abbaut und einpackt, laden wir bei mir schonmal die Sachen vom Peter ein, die er nicht mehr braucht.
Dann machen wir uns auf zur Siegerehrung. Das Lokal ist schon gut gefüllt, als wir ankommen. Manuel macht eine Durchsage, dass es doch länger dauert als geplant, die Auswertung soll genau gemacht werden und ist aufgrund des großen Starterfeldes dann doch recht aufwendig.
Dann ist es doch so weit. Zwei Papierstapel werden zum Pult gereicht, auf dem die Pokale stehen. Zuerst gibt es einen Sonderpokal für die weiteste Anreise. Dieser geht nach Ostfriesland – Wahnsinn wie groß das Einzugsgebiet für diese Veranstaltung schon beim ersten Mal ist.
Dann gibt es zuerst die Ehrung für die Schaltgetriebe. Man hat keinen Plan, wo in etwa man in der Gesamtwertung liegt, denn hier gewinnt nicht der Schnellste, sondern derjenige, dessen Gesamtzeit möglichst nahe am Mittel zwischen der Mindestzeit (die Patrick Grüner vorgegeben hat) und der Gesamtzeit des langsamsten Fahrers liegt.
Auch für die Automatik-Fahrzeuge gibt es drei Pokale, auch hier in Form eines Kolbens auf einem Pleuel, der auf einem Sockel aus Söldener Granit steht. Der Betreiber des Snow Rock, in der die Siegerehrung stattfindet, hat noch einen Sonderpreis gestiftet. Der geht an das außergewöhnlichste Ereignis von heute und das war wohl unbestritten das Tanken mit Diesel.
Den größten Preis in Form einer Bremsscheibe auf Granitsockel bekommt der langsamste Fahrer des kompletten Feldes.
Anschließend gibt es ein Foto mit den Organisatoren und allen Gewinnern draußen auf der Bühne. Wir nutzen die Gelegenheit, um vorher noch schnell ein Gruppenfoto vom XT-Stammtisch zu machen.
Auf dem Startplatz von heute morgen entwickeln sich noch viele interessante Gespräche. In der Zwischenzeit zieht sich der Rest des Stammtisch-Teams auf den Campingplatz zurück. Weil ich mit meinem Rücken nicht gut am Boden sitzen kann und weil ich hier noch vielen Leuten mal die Hand schütteln mag, bleibe ich hier. Zwei der Jungs vom Allgäu-Orient-Team haben Blut geleckt und wollen morgen auf eigener Achse nach Hause. Der Start ist für 6:00 Uhr geplant, da haben die Tankstellen aber noch nicht auf. So fragen sich die Jungs durch, wo sie etwas Benzin für ihre Mopeds herbekommen können.
Es ist fast Mitternacht, als ich todmüde zum Auto gehe und samt Gilera auf dem Hänger zum Hotel fahre. der Parkplatz von heute morgen ist noch frei, da stelle ich mein Gespann ab und ignoriere diesmal, dass auch heute wieder ein paar Teilnehmer an der Bar sitzen. Ich brauche dringend ein Bett.
Obwohl ich die letzten beiden Nächte sehr wenig geschlafen habe, wache ich schon lange vor dem Wecker auf. Heute habe ich viel Zeit für duschen und Frühstück. Ich setze mich zu anderen Teilnehmern an den Tisch, wir lassen das Erlebte von gestern nochmal Revue passieren. Übereinstimmend ist der Tenor von allen Teilnehmern, dass es eine klasse Veranstaltung war. Es gibt nichts, was man hätte besser machen können!
Auch mit dem Allgäu-Orient-Team komme ich nochmal ins Gespräch. Hier reden wir in erster Linie um Syrien und um die Schicksale der Menschen dort, die Wilfried und sein Team bei den Rallyes kennen gelernt haben.
Dann checke ich aus, verabschiede mich von neuen und alten Bekannten und steige ins Auto, um den Peter am Campingplatz abzuholen. Meine beiden Frühstückspartner folgen mir, sie wollen das gute Wetter nutzen, um mit der Seilbahn auf den Berg zu fahren. Dabei hat mir der Lars beim Frühstück noch erzählt, dass er Höhenangst hat und schon die Straße vom Timmelsjoch eine mentale Herausforderung für ihn war.
Rebecca und Peter sind gerade am zusammenpacken von den Zelten und der Ausrüstung, ich komme genau zur richtigen Zeit. Wir verstauen die Sachen bei mir im Auto, bzw. am der XT von Rebecca, bevor wir diese verabschieden. Noch schnell am Campingplatz ausgechecked, dann fahren wir los. Das erste Stück auf dem Weg nach Reutte folgt uns Rebecca mit ihrer blauen Yamaha, bevor sie in Richtung Chiemsee abbiegt.
Die Fahrt ist kurzweilig, wir unterhalten uns angeregt und stellen fest, dass wir einen ziemlich ähnlichen Lebenslauf und auch eine ähnliche Einstellung haben. Zwischendurch wird Peter seiner Rolle auf dem Beifahrersitz gerecht und gibt Abbiegeanweisungen. In Reutte tanke ich nochmal voll und fülle auch die Reservekanister, dann wechseln wir zurück nach Deutschland. Über schöne, kleine, kurvige Straßen geht es ins Allgäu, wo wir von Chris erwartet werden. Da laden wir die Sachen um, ich verabschiede mich und fahre über Landsberg zurück. Von da aus mache ich einen kleinen Schlenker zu meiner Werkstatt, wo ich Motorrad und Hänger, Dachbox, Werkzeug und Ersatzteile verstaue, bevor ich mich auf die letzten Kilometer nach Hause mache. Elisabeth erwartet mich schon und ist schon neugierig darauf, was ich zu erzählen habe.
Ein gelungenes Event, vielen Dank an alle die, die das auf die Beine gestellt haben. Ich freue mich schon auf das nächste Jahr, wenn das Zweitakt-Geknatter wieder durch die Berge hallt. Wenn alles klappt, dann wird sich auch noch ein 4Takt-Echo dazugesellen mit Elisabeth als Fahrer.
Die meisten Bilder in diesem Bericht sind diesmal nicht von mir, sondern wurden von den Jungs von Irudia.at gemacht und den Teilnehmern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!
Live-Tracking beim Ötztaler Mopedmarathon.