Dienstag, 02.09.2014 Murighiol – Adjud

Nach dem Frühstück und einer Dusche machen wir uns auf den Weg. In Tulcea legen wir einen ersten Zwischenstop ein, um das Aquarium zu besuchen. Gestern hatte es zu – wie jeden Montag. Ein lohnenswertes Ziel, neben vielen Aquarien, die die Vielfalt der Fischarten in der Donau und auch in anderen Flüssen und Meeren aufzeigt, gibt es Exponate zur Siedungsgeschichte und etliche lebensgroße Diorahmen, die die heimische Flora und Fauna darstellen.
Ein Stück weit fahren wir den Weg zurück, bevor wir bei Văcăreni auf die 22E in Richtung Galați abbiegen. Wie überall im Land werden auch hier die Früchte des Gartens am Straßenrand angeboten. Eine Möglichkeit, die Lebensmittelvorräte mit frischen Produkten direkt vom Erzeuger aufzufüllen, die wir gerne nutzen. Eine alte Frau und ihr Enkel sitzen am Straßenrand und freuen sich, als der Libero neben ihnen stoppt. Ich kaufe ein Kilo Tomaten und ein paar Paprika. Mit einer Federwaage, die mindestens 15 Kilo wiegen könnte, ist das Gewicht eher geschätzt als abgelesen. Mit 4 Lei als Gesamtsumme ist es für uns ein günstiger Einkauf, obwohl wir das Gewicht gut nach oben aufgerundet haben.
Kurz nach Buceac steht ein Auto am Sraßenand. Eine Frau, ihre erwachsene Tochter und ein kleiner Junge stehen dahinter mit dem Reserverad in der Hand und einem verzweifelten Blick. Ich halte und frage, ob ich helfen kann. Ja, meinen sie zögerlich und zeigen auf das platte, rechte Vorderrad. Das Werkzeug liegt schon da. Ich hole einen Schraubenzieher aus meinem Fundus um die Radkappe abzumachen. Dann mache ich erstmal den Wagenheber gangbar, der sich verklemmt hatte. Nachdem dieser wieder funktioniert und angesetzt ist, versuche ich mit dem Bordwerkzeug die Radmuttern zu lockern. Die sind so fest – keine Chance. Als ich aufstehe, um mein Werkzeug zu holen, bekomme ich ein Radkreuz zugereicht. Damit klappt es, eine 17er Nuss ist extra aufgeschweißt, eine der Radschrauben ist eine 19er. Schnell ist nun der Reifen gewechselt, während die Drei die nicht mehr benötigten Teile schon im Kofferraum verstauen. Die Freude ist groß, als nach kaum mehr als 5 Minuten das Fahrzeug wieder einsatzbereit ist. Wie lange sie wohl vorher schon gestanden haben? Eigentlich untypisch, denn als ich mal mit einem platten Vorderrad am Motorrad am Straßenrand stand, hielten etliche Rumänen an und fragten, ob sie helfen könnten.

Bis zur Fähre ist es nicht mehr weit. Wir reihen uns in die Schlange ein, ich steige schon mal aus, um Karten zu kaufen. Die drei Havarierten kommen ebenfalls an und fahren links an der Schlange vorbei. Als wir auf der Fähre sind, gehen sie zu Fuß an Bord. Ich frage erstaunt, worauf sie mir antworten, dass sie zum Einkaufen nach Galați wollen und zu Fuß ist das viel billiger als mit dem Auto. Das bleibt derweil hier am Straßenrand.
In Galați suchen wir uns einen Parkplatz, wir wollen die Stadt zu Fuß erkunden. So richtig hält die Innenstadt nicht, was der Reiseführer verspricht. In einer Konditorei, die mächtige Hochzeitstorten, Kindertorten etc. im Schaufenser hat, genehmigen wir uns etwas Süßes als Ersatz für das Mittagessen, nachdem wir etwas schnelles für auf die Hand nicht gefunden haben.
Zurück zum Auto, dann weiter nach Movieni, an dem riesigen Stahlwerk vorbei, das Ceaucaescu hier aus dem Boden stampfen ließ, um das Rohmaterial für die nahe liegende Werft produzieren zu lassen.
Weiter geht es ein wenig kreuz und quer durchs Hinterland, bevor wir in Focșani die E85 erreichen. Eigentlich wollen wir direkt nach Andreiașu de Jos, die Route des Navi ignorieren wir jedoch erstmal, um den im Reiseführer eingezeichneten Campingplatz zu finden. Das gelingt uns nicht, eine Nachfrage an einer Tankstelle bringt das Ergebnis, dass es hier keinen offiziellen Campingplatz gibt.
Na gut, wir werden schon etwas finden, zur Not auch eine Pension. Jetzt schauen wir zuerst zu den Vocul Viu. Die Straße führt an einem breiten Flussbett entlang, viel Kies und nur ein schmales Bächlein mittendrin, so wie es sich mir im März auch schon präsentiert hat. Die Straße ist mittlerweile neu und im Top-Zustand.
Schnell erreichen wir Andreiașu de Jos, diesmal parke ich nicht im Ortskern wie beim letzen Mal sondern ignoriere das Hinweisschild über eine alte, marode Brücke und fahre 200m weiter hinten über eine neuere. Die Straße – wenn man sie so nennen darf – führt steil bergan und um eine Kehre, mal wieder Libero-taugliches Terrain, was aber ohne Allrad zu bewältigen ist. Kaum ein autoaffiner Deutscher würde hier wohl mit seinem Neuwagen fahren. Für die Einheimischen kein Problem. Die fahren mit allen Fahrzegtypen hier hinauf und herunter, während unseres Aufenthalts sehen wir viele vorbei fahren. Am Ortsende biege ich in den Parkplatz ein und stelle den Libero ab. Das letzte Stück geht zu Fuß über eine alte Treppe und über Betonplatten.

Wer hier nun etwas richtig spektakuläres erwartet, der wird vielleicht enttäuscht sein. Es ist ein seltenes Naturschauspiel, was man ansonsten nur am kaspischen Meer sehen kann. Auf einer Fläche von ca. 100 mal 50 Metern gibt es mehrere ‚Brandherde‘, dazwischen ein paar Wasserpfützen, aus denen das Gas heraus blubbert. Elisabeth ist ebenso begeistert wie ich, lange halten wir uns hier auf um zu fotografieren, filmen, oder einfach nur dazusitzen und zu staunen.
Wir überlegen kurz, ob wir nicht hier bleiben und wild campen wollen. Da unser Lebensmittelvorrat zur Neige geht, entscheiden wir uns dagegen. Ich klebe die GoPro an die Fahrertür und will ein wenig von der Atmosphäre einfangen. Die Dörfer und Straßen haben sich mittlerweile mit Leben gefüllt. Fast jeder, der sich auf der Straße befindet, sieht unserem Libero hinterher oder winkt uns zu. Vor allem die Kinder haben Spaß an dem bunten Minibus. Im Flussbett steht ein Auto, der Fahrer steht mit einer langen Waschbürste daneben und spült den Staub der Straße vom roten Lack. einfach krass, das alles.
In Odobești biegen wir links ab, fahren ein wenig Zickzack, bis wir in Tisita wieder auf die E85 stoßen. Die Sonne ist wenige Minuten vorher untergegangen, es wird schnell dunkel. Noch 100km bis Bacău, wir entschließen uns, mangels Campingplatz nach Pensionen zu suchen. Elisabeth sucht mittels Smartphone, findet eines in Adjud. Dort halten wir an, ich gehe, um zu fragen. Zwei Nichtraucherzimmer sind noch frei, sehen sauber aus und wir werden handelseinig. Den Libero darf ich in den Hof direkt vor unser Fenster fahren. Bevor wir uns in die Betten zurückziehen, gehen wir noch ins Restaurant und bestellen uns Ciorbă – eine landestypische Suppe. Für mich gibt es dazu einen Salată de varză (Krautsalat), Elisabeth gönnt sich eine Clătita (gefüllte Pfannkuchen).
Müde und zufrieden schlafen wir bald ein.