Wie immer macht uns der Wecker um 7:00 Uhr wach – also um 6:00 Uhr deutscher Zeit. Bis das Frühstück serviert wird, nutzen wir die Zeit, um die restlichen Wegepunkte in die Karte einzutragen. So ganz eilig haben wir es heute nicht, denn wir wollen bei Johny im Gesundheitszentrum vorbei und klären, ob das mit der Übergabe unserer Hilfsgüter an die Schule klappt.
Gegen halb Neun brechen wir auf. Der Weg nach Slatina Timis runter ist lang und staubig. Als wir am Medical Center ankommen, steht kein Auto vor der Tür und ich sehe auch kein Licht brennen. Trotzdem gehe ich zum Eingang und lese an der Tür, dass offen sein müsste. Ist es auch, kaum bin ich drin, kommt Johny aus der Küche und begrüßt mich freudig. Meine Frage, ob er die Mails von mir gelesen hat, verneint er. Es gab einen Sturm, der die Internetverbindung unterbrochen hat und diese wurde erst Tage später repariert.
Kein Wunder, dass ich keine Rückmeldung bekomme. Ich winke Bernd und Jörg herein, wir setzen uns an einen schattigen Tisch auf der Terrasse, bekommen etwas zu trinken und reden miteinander. Ein älterer Herr kommt vorbei und gibt uns die Hand. Das ist mein Schwiegervater, meint Johny. Auch eine Frau gesellt sich kurz zu uns, die er als seine Ehefrau vorstellt. Die Übergabe ist kein Problem, nur morgen geht nicht, da ist eine große Veranstaltung im ADAM – mit dem Gesundheitsminister und anderen wichtigen Würdenträgern. So verabreden wir uns für Mittwoch früh und brechen nach einer Stunde wieder auf. Der erste Weg führt uns zur Tankstelle, aber auch die hat kein Benzin. Also weiter die E70 runter, bis wir an eine Tankstelle kommen. Das trifft sich gut, denn kaum sind die Tanks gefüllt, biege ich direkt hinter der Tankstelle auf einen Feldweg ab. Ein paar Abzweige und wenige Kilometer später haben wir das angepeilte Ziel erreicht: TUNEL steht am Navi. Es handelt sich um einen – oder besser gesagt um zwei Eisenbahntunnel. Einer davon ist stillgelegt. Das besondere daran – hier fährt der Orient-Express durch. Vor drei Jahren war ich schon einmal hier und der Besuch hat mich in der Zeit zurückgezogen in die Dampflok-Aerea, roch es doch im Tunnel so richtig nach Dampflok, Wände und Decke waren rußgeschwärzt.
Bedrohlich schaut er aus, der Eingang, wie der Schlund zur Hölle.
Bernd bekommt die GoPro umgeschnallt, dann fahre ich voraus und die Beiden folgen mir. Kurz nach dem Eingang durchfahren wir schon die erste Wasserfläche, die rußgeschwärzte Umgebung schluckt sofort das Licht der Scheinwerfer.
Mehrere Wasserflächen folgen, Jörg ruft seine Begeisterung (oder seinen Schrecken?) laut heraus. Der Tunnel ist einfacher zu durchfahren als vor drei Jahren. Die heruntergefallenen Steine wurden zur Seite geräumt, so dass auch nicht mehr so viel Wasser im Tunnel steht.
Auf der anderen Seite mache ich kehrt, zwei ungläubige Augenpaare sehen mich an. Ja, wir fahren nochmal durch, erkläre ich, diesmal fährt Jörg vor.
Gesagt, getan. Er zeiht das Gas etwas weit auf, was zur Folge hat, dass im tiefsten Wasserloch eine mächtige Wasserwand hoch spritzt, Jörg wird dabei ordentlich nass.
Natürlich muss auch Bernd mal das Alpha-Tier spielen, so durchfahren wir den Tunnel zum dritten mal.
Dann machen wir uns auf den Weg nach …
Es geht über einen Feldweg und durch einen Bach. Ein Schäfer bringt gerade seine Tiere auf die Weide und erwidert meinen Gruß. Auf der anderen Seite des Baches steht sein Bauernhof mit zwei angeleinten, aber recht aggressiven Hütehunden davor. An denen müssen wir vorbei, eine Steilauffahrt hinauf. Wütendes Bellen begleitet uns. Dann sind wir auch schon aus dem Sichtfeld der Hunde verschwunden und es wird ruhig hinter uns.
Ein paar Kilometer im Zickzack auf kleien Feldwegen, dann erreichen wir … wo wir eine kurze Pause einlegen. Dann geht es weiter nach … und dort den Berg hinauf. Es gibt eine neue, EU-geförderte Schotterstraße, wir nehmen aber lieber, wo immer es geht, die alten schmalen Wege.
Wir haben richtig Spaß, grasen ein paar Weg- und Aussichtspunkte ab und finden dabei auch ein schattiges Plätzchen für eine Rast. Jörg holt jede Menge Brotzeit aus der Hecktasche und teilt aus. Wir sitzen und genießen – hier könnte man es lange aushalten.
Doch es zieht und weiter zum nächsten Punkt. Der ist schnell gefunden, die Gegend außenrum läd zum Spielen ein, was meine beiden Begleiter auch ausgiebig tun.
Über einen Hohlweg, der fast im Nichts verschwindet geht es weiter durch den Wald. Wir erreichen einen Fluss, den wir durchqueren. Der Straße am anderen Ufer folgen wir talwärts. Ein Traktor mit Hänger und ca. 10 Leuten Besatzung kommt uns entgegen, wir machen Platz auf dem schlammigen Weg. Ob wir eine Zigarette hätten fragt einer – klar, ich habe gestern extra welche gekauft. Ich ziehe drei Stück aus der Packung, der Mann küsst mir die Hand und springt wieder auf den Traktor. Die Männer winken uns freundlich und wünschen eine gute Fahrt, während der Traktor langsam bergauf zuckelt.
Wir setzen unseren Weg auf der Forststraße fort die alsbald über einen Fluss führt. Etwas weiter unten müssen wir laut meiner Karte den Forstweg rechter Hand verlassen. Als wir um die Kurve sind, sehen wir einen steil ansteigenden, stark ausgewaschenen Pfad. Bernd bekommt große Augen, er ist unser ‚Off-Road-Küken‘ im Team. Ich weiß, dass er Vertrauen in mich hat und rede ihm gut zu: Das schaut schlimmer aus, als es ist. Dann fahre ich vor, den Berg hinauf. Oben angekommen dauert es auch nicht lange, und Bernd taucht hinter einer Kurve auf. Klasse gemacht, rufe ich ihm zu. Auch Jörg kommt oben an, sein 360 Grad Grinsen ist trotz Helm erkennbar. Als wir den Weg weiter folgen verästelt er sich. Jede dieser Ästelungen endet entwender im Nichts oder in einem Bereich der Waldes, wo hunderte, armdicke Stangen das Weiterkommen erschweren.
Nach einigen Durchbruchsversuchen geben wir auf und fahren über den stelen Weg zurück auf die Forststraße. Dieser folgen wir ins Tal. Alsbald wird sie trocken und jedes Motorrad zieht eine Staubfahne hinter sich her. Die hinteren schlucken kräftig Staub, deshalb wechseln wir durch. Der Weg will kein Ende nehmen, Jörg schlägt eine Pause an einer ehemaligen Eisenbahnbrücke vor, die heute nur mehr den Fußgängern eine trockene Flussüberquerung gewährt.
Weiter geht es, noch etliche anspruchsvolle Kilometer ins Tal. Dort angekommen suchen wir uns ein Magazin Mixt, um mit einer Cola den Energiehaushalt wieder auf Vordermann zu bringen. Das zweite hat offen, ich nutze meine Rumänischbrocken zum Einkauf und dann genießen wir die kalten Getränke im Schatten.
Als wir aufbrechen wollen, kommt ein Mann auf mich zu und fragt, wohin wir wollen. Als ich ihm den Ort nenne, zeigt er genau in die andere als die von mir geplante Richtung und meint, wir sollen den Weg nehmen, der wäre 2 km kürzer. Das tun wir auch, nachdem ich ihm die Hand geschüttelt und mich bedankt habe. Eine kleine, kurvige Asphaltstraße verbindet die beiden Ortschaften, Fahrspaß pur. Eigentlich wollen wir direkt zur E70, weil es so viel Spaß macht, entscheide ich um, biege in eine kleine Seitengasse, die uns auf einen Feldweg führt und steuere nochmal auf den Tunnel zu – liegt ja quasi auf dem Weg und wer weiß, wann es wieder einmal klappt. Natürlich kommen wir auch wieder beim Bauernhof mit den zwei Hunden vorbei. Die sind immer noch nicht gut auf uns zu sprechen und bellen aus Leibeskräften, während sie an der Kette zerren.
Hinter dem Schafgatter steht ein alter Mann und winkt uns zu sich heran. Wir sollen die Motoren ausmachen. Er kommt um die Koppel herum mit zwei langen Haselnußruten in der Hand. Ob ich einen Fotoapparat dabeihabe fragt er, was ich bejahe. Dann soll ich ihn mit einem seiner Hunde fotografieren, gibt er mir zu verstehen und stellt sich in Position.
Noch zwei weitere Männer sind zu Gange und winken uns in das Schafgehege. Ob wir etwas trinken wollen, werden wir gefragt. Da das eigentlich immer darauf hinausläuft, dass wir selbergebrannten Hochprozentigen angeboten bekommen, lehne ich erstmal ab. Ich muss unbedingt trinken meint er, dass gibt Kraft am Bizepz und noch an einer anderen – sehr männlichen Stelle – signalisiert er mit Gesten. Dabei höre ich das Wort laptea heraus, das bedeutet Milch. Ahhh, Schafsmilch sollen wir probieren, na gut. Ich sage meinen Begleitern, dass sie den Helm abnehmen und sich zu uns gesellen sollen. Einer der Männer holt derweil ein Gefäß, ein Sieb und eine uralte Emailtasse aus dem Haus und drückt ir die in die Hand. Frisch ausgewaschen stelle ich fest, auch wenn der Boden der Tasse schon lange seine weiße Farbe verloren hat.
Dann seiht er Milch aus einem von zwei Alubehältern in einen kleinen Eimer und deutet mir an, dass ich mit der Tasse schöpfen soll. Das tue ich und nehme einen Schluck – schmeckt viel besser, als ich mir das vorgestellt habe, denke ich. Auch Jörg und Bernd kommen an die Reihe. Ich muß unbedingt noch ein zweites Mal schöpfen, erst dann gibt er sich zufrieden.
Meine Frage, ob ich Fotos machen darf wird bejaht. Der Mann setzt sich wieder neben den Anderen hinter eines der Alu-Gefäße. Der alte Mann mit den zwei Ruten treibt die Schafe auf die schmale Öffnung zwischen den Beiden zu. Jeder von ihnen greift sich ein Schaf, zieht es an einem der Hinterbeine über den Bottich und malkt es mit der freien Hand, Dann werden die Schafe im Gatter laufen gelassen.
Wir sehen noch ein wenig zu, machen ein paar Fotos und bedanken uns mit einer Zigarette für jeden der Männer. Dann brechen wir auf. Vor dem Tunnel treffen wir noch einen Ziegenhirten, der uns freundlich zuwinkt. Der Tunnel hat in den paar Stunden noch nichts von seiner Faszination verloren. Gerade als wir einfahren wollen pfeift nebenan ein Zug, der durch den neuen Tunnel will. Der Orient-Express ist es nicht.
Bei der Tanke biegen wir wieder auf die E70 ab und folgen dieser bis …
Dort durchfahren wir das Dorf, weil wir über eine Forststraße nach Hause wollen. Diese hat zwei ‚Einstiege‘. Ich entscheide mich für den sportlicheren. Vom Schwierigkritsgrad her sicher das Anspruchsvollste unserer diesjährigen Tour. Schon fast oben scheitern wir an einem Felsen, es ist einfach zu gefährlich und wir sind auch schon zu müde, um hier viel zu riskieren. Mit vereinter Manneskraft drehen wir die drei Motorräder auf dem schmalen Pfad und rollen wieder zurück in die Ortschaft.
Weil die Kupplung vom Bernd recht heiß geworden ist, entscheide ich mich gegen den breiten Einstieg in den Forstweg zu Gunsten der E70. Die Straße von Slatina Timis nach Brebu Nou wird uns auch nochmal fordern.
Dort angekommen das übliche Prozedere: Motorräder warten, duschen, Abendessen. Die Dusche hat es diesmal wirklich gebraucht – das Wasser in der Duschwanne ist khakifarbig.
Müde, aber glücklich und zufrieden sitzen wir noch im Aufenthaltsraum und plaudern ein wenig mit Dougie, dann zieht es meine beiden Begleiter früh ins Bett.
Nach meinem Rumänischlern-Pensum und dem Reisetagebuch tue ich es ihnen gleich.
6 Mai 2013
Montag, 06.05.2013 Porta Orientala
Wie immer macht uns der Wecker um 7:00 Uhr wach – also um 6:00 Uhr deutscher Zeit. Bis das Frühstück serviert wird, nutzen wir die Zeit, um die restlichen Wegepunkte in die Karte einzutragen. So ganz eilig haben wir es heute nicht, denn wir wollen bei Johny im Gesundheitszentrum vorbei und klären, ob das mit der Übergabe unserer Hilfsgüter an die Schule klappt.
Gegen halb Neun brechen wir auf. Der Weg nach Slatina Timis runter ist lang und staubig. Als wir am Medical Center ankommen, steht kein Auto vor der Tür und ich sehe auch kein Licht brennen. Trotzdem gehe ich zum Eingang und lese an der Tür, dass offen sein müsste. Ist es auch, kaum bin ich drin, kommt Johny aus der Küche und begrüßt mich freudig. Meine Frage, ob er die Mails von mir gelesen hat, verneint er. Es gab einen Sturm, der die Internetverbindung unterbrochen hat und diese wurde erst Tage später repariert.
Kein Wunder, dass ich keine Rückmeldung bekomme. Ich winke Bernd und Jörg herein, wir setzen uns an einen schattigen Tisch auf der Terrasse, bekommen etwas zu trinken und reden miteinander. Ein älterer Herr kommt vorbei und gibt uns die Hand. Das ist mein Schwiegervater, meint Johny. Auch eine Frau gesellt sich kurz zu uns, die er als seine Ehefrau vorstellt. Die Übergabe ist kein Problem, nur morgen geht nicht, da ist eine große Veranstaltung im ADAM – mit dem Gesundheitsminister und anderen wichtigen Würdenträgern. So verabreden wir uns für Mittwoch früh und brechen nach einer Stunde wieder auf. Der erste Weg führt uns zur Tankstelle, aber auch die hat kein Benzin. Also weiter die E70 runter, bis wir an eine Tankstelle kommen. Das trifft sich gut, denn kaum sind die Tanks gefüllt, biege ich direkt hinter der Tankstelle auf einen Feldweg ab. Ein paar Abzweige und wenige Kilometer später haben wir das angepeilte Ziel erreicht: TUNEL steht am Navi. Es handelt sich um einen – oder besser gesagt um zwei Eisenbahntunnel. Einer davon ist stillgelegt. Das besondere daran – hier fährt der Orient-Express durch. Vor drei Jahren war ich schon einmal hier und der Besuch hat mich in der Zeit zurückgezogen in die Dampflok-Aerea, roch es doch im Tunnel so richtig nach Dampflok, Wände und Decke waren rußgeschwärzt.
Bedrohlich schaut er aus, der Eingang, wie der Schlund zur Hölle.
Bernd bekommt die GoPro umgeschnallt, dann fahre ich voraus und die Beiden folgen mir. Kurz nach dem Eingang durchfahren wir schon die erste Wasserfläche, die rußgeschwärzte Umgebung schluckt sofort das Licht der Scheinwerfer.
Mehrere Wasserflächen folgen, Jörg ruft seine Begeisterung (oder seinen Schrecken?) laut heraus. Der Tunnel ist einfacher zu durchfahren als vor drei Jahren. Die heruntergefallenen Steine wurden zur Seite geräumt, so dass auch nicht mehr so viel Wasser im Tunnel steht.
Auf der anderen Seite mache ich kehrt, zwei ungläubige Augenpaare sehen mich an. Ja, wir fahren nochmal durch, erkläre ich, diesmal fährt Jörg vor.
Gesagt, getan. Er zeiht das Gas etwas weit auf, was zur Folge hat, dass im tiefsten Wasserloch eine mächtige Wasserwand hoch spritzt, Jörg wird dabei ordentlich nass.
Natürlich muss auch Bernd mal das Alpha-Tier spielen, so durchfahren wir den Tunnel zum dritten mal.
Dann machen wir uns auf den Weg nach …
Es geht über einen Feldweg und durch einen Bach. Ein Schäfer bringt gerade seine Tiere auf die Weide und erwidert meinen Gruß. Auf der anderen Seite des Baches steht sein Bauernhof mit zwei angeleinten, aber recht aggressiven Hütehunden davor. An denen müssen wir vorbei, eine Steilauffahrt hinauf. Wütendes Bellen begleitet uns. Dann sind wir auch schon aus dem Sichtfeld der Hunde verschwunden und es wird ruhig hinter uns.
Ein paar Kilometer im Zickzack auf kleien Feldwegen, dann erreichen wir … wo wir eine kurze Pause einlegen. Dann geht es weiter nach … und dort den Berg hinauf. Es gibt eine neue, EU-geförderte Schotterstraße, wir nehmen aber lieber, wo immer es geht, die alten schmalen Wege.
Wir haben richtig Spaß, grasen ein paar Weg- und Aussichtspunkte ab und finden dabei auch ein schattiges Plätzchen für eine Rast. Jörg holt jede Menge Brotzeit aus der Hecktasche und teilt aus. Wir sitzen und genießen – hier könnte man es lange aushalten.
Doch es zieht und weiter zum nächsten Punkt. Der ist schnell gefunden, die Gegend außenrum läd zum Spielen ein, was meine beiden Begleiter auch ausgiebig tun.
Über einen Hohlweg, der fast im Nichts verschwindet geht es weiter durch den Wald. Wir erreichen einen Fluss, den wir durchqueren. Der Straße am anderen Ufer folgen wir talwärts. Ein Traktor mit Hänger und ca. 10 Leuten Besatzung kommt uns entgegen, wir machen Platz auf dem schlammigen Weg. Ob wir eine Zigarette hätten fragt einer – klar, ich habe gestern extra welche gekauft. Ich ziehe drei Stück aus der Packung, der Mann küsst mir die Hand und springt wieder auf den Traktor. Die Männer winken uns freundlich und wünschen eine gute Fahrt, während der Traktor langsam bergauf zuckelt.
Wir setzen unseren Weg auf der Forststraße fort die alsbald über einen Fluss führt. Etwas weiter unten müssen wir laut meiner Karte den Forstweg rechter Hand verlassen. Als wir um die Kurve sind, sehen wir einen steil ansteigenden, stark ausgewaschenen Pfad. Bernd bekommt große Augen, er ist unser ‚Off-Road-Küken‘ im Team. Ich weiß, dass er Vertrauen in mich hat und rede ihm gut zu: Das schaut schlimmer aus, als es ist. Dann fahre ich vor, den Berg hinauf. Oben angekommen dauert es auch nicht lange, und Bernd taucht hinter einer Kurve auf. Klasse gemacht, rufe ich ihm zu. Auch Jörg kommt oben an, sein 360 Grad Grinsen ist trotz Helm erkennbar. Als wir den Weg weiter folgen verästelt er sich. Jede dieser Ästelungen endet entwender im Nichts oder in einem Bereich der Waldes, wo hunderte, armdicke Stangen das Weiterkommen erschweren.
Nach einigen Durchbruchsversuchen geben wir auf und fahren über den stelen Weg zurück auf die Forststraße. Dieser folgen wir ins Tal. Alsbald wird sie trocken und jedes Motorrad zieht eine Staubfahne hinter sich her. Die hinteren schlucken kräftig Staub, deshalb wechseln wir durch. Der Weg will kein Ende nehmen, Jörg schlägt eine Pause an einer ehemaligen Eisenbahnbrücke vor, die heute nur mehr den Fußgängern eine trockene Flussüberquerung gewährt.
Weiter geht es, noch etliche anspruchsvolle Kilometer ins Tal. Dort angekommen suchen wir uns ein Magazin Mixt, um mit einer Cola den Energiehaushalt wieder auf Vordermann zu bringen. Das zweite hat offen, ich nutze meine Rumänischbrocken zum Einkauf und dann genießen wir die kalten Getränke im Schatten.
Als wir aufbrechen wollen, kommt ein Mann auf mich zu und fragt, wohin wir wollen. Als ich ihm den Ort nenne, zeigt er genau in die andere als die von mir geplante Richtung und meint, wir sollen den Weg nehmen, der wäre 2 km kürzer. Das tun wir auch, nachdem ich ihm die Hand geschüttelt und mich bedankt habe. Eine kleine, kurvige Asphaltstraße verbindet die beiden Ortschaften, Fahrspaß pur. Eigentlich wollen wir direkt zur E70, weil es so viel Spaß macht, entscheide ich um, biege in eine kleine Seitengasse, die uns auf einen Feldweg führt und steuere nochmal auf den Tunnel zu – liegt ja quasi auf dem Weg und wer weiß, wann es wieder einmal klappt. Natürlich kommen wir auch wieder beim Bauernhof mit den zwei Hunden vorbei. Die sind immer noch nicht gut auf uns zu sprechen und bellen aus Leibeskräften, während sie an der Kette zerren.
Hinter dem Schafgatter steht ein alter Mann und winkt uns zu sich heran. Wir sollen die Motoren ausmachen. Er kommt um die Koppel herum mit zwei langen Haselnußruten in der Hand. Ob ich einen Fotoapparat dabeihabe fragt er, was ich bejahe. Dann soll ich ihn mit einem seiner Hunde fotografieren, gibt er mir zu verstehen und stellt sich in Position.
Noch zwei weitere Männer sind zu Gange und winken uns in das Schafgehege. Ob wir etwas trinken wollen, werden wir gefragt. Da das eigentlich immer darauf hinausläuft, dass wir selbergebrannten Hochprozentigen angeboten bekommen, lehne ich erstmal ab. Ich muss unbedingt trinken meint er, dass gibt Kraft am Bizepz und noch an einer anderen – sehr männlichen Stelle – signalisiert er mit Gesten. Dabei höre ich das Wort laptea heraus, das bedeutet Milch. Ahhh, Schafsmilch sollen wir probieren, na gut. Ich sage meinen Begleitern, dass sie den Helm abnehmen und sich zu uns gesellen sollen. Einer der Männer holt derweil ein Gefäß, ein Sieb und eine uralte Emailtasse aus dem Haus und drückt ir die in die Hand. Frisch ausgewaschen stelle ich fest, auch wenn der Boden der Tasse schon lange seine weiße Farbe verloren hat.
Dann seiht er Milch aus einem von zwei Alubehältern in einen kleinen Eimer und deutet mir an, dass ich mit der Tasse schöpfen soll. Das tue ich und nehme einen Schluck – schmeckt viel besser, als ich mir das vorgestellt habe, denke ich. Auch Jörg und Bernd kommen an die Reihe. Ich muß unbedingt noch ein zweites Mal schöpfen, erst dann gibt er sich zufrieden.
Meine Frage, ob ich Fotos machen darf wird bejaht. Der Mann setzt sich wieder neben den Anderen hinter eines der Alu-Gefäße. Der alte Mann mit den zwei Ruten treibt die Schafe auf die schmale Öffnung zwischen den Beiden zu. Jeder von ihnen greift sich ein Schaf, zieht es an einem der Hinterbeine über den Bottich und malkt es mit der freien Hand, Dann werden die Schafe im Gatter laufen gelassen.
Wir sehen noch ein wenig zu, machen ein paar Fotos und bedanken uns mit einer Zigarette für jeden der Männer. Dann brechen wir auf. Vor dem Tunnel treffen wir noch einen Ziegenhirten, der uns freundlich zuwinkt. Der Tunnel hat in den paar Stunden noch nichts von seiner Faszination verloren. Gerade als wir einfahren wollen pfeift nebenan ein Zug, der durch den neuen Tunnel will. Der Orient-Express ist es nicht.
Bei der Tanke biegen wir wieder auf die E70 ab und folgen dieser bis …
Dort durchfahren wir das Dorf, weil wir über eine Forststraße nach Hause wollen. Diese hat zwei ‚Einstiege‘. Ich entscheide mich für den sportlicheren. Vom Schwierigkritsgrad her sicher das Anspruchsvollste unserer diesjährigen Tour. Schon fast oben scheitern wir an einem Felsen, es ist einfach zu gefährlich und wir sind auch schon zu müde, um hier viel zu riskieren. Mit vereinter Manneskraft drehen wir die drei Motorräder auf dem schmalen Pfad und rollen wieder zurück in die Ortschaft.
Weil die Kupplung vom Bernd recht heiß geworden ist, entscheide ich mich gegen den breiten Einstieg in den Forstweg zu Gunsten der E70. Die Straße von Slatina Timis nach Brebu Nou wird uns auch nochmal fordern.
Dort angekommen das übliche Prozedere: Motorräder warten, duschen, Abendessen. Die Dusche hat es diesmal wirklich gebraucht – das Wasser in der Duschwanne ist khakifarbig.
Müde, aber glücklich und zufrieden sitzen wir noch im Aufenthaltsraum und plaudern ein wenig mit Dougie, dann zieht es meine beiden Begleiter früh ins Bett.
Nach meinem Rumänischlern-Pensum und dem Reisetagebuch tue ich es ihnen gleich.