Schon zwei Stunden, bevor der Wecker klingelt, wache ich auf. Das geht ja mal gar nicht, denke ich und drehe mich nochmal auf die andere Seite. So richtig klappt es nicht. Also stehe ich auf und gehe in die Dusche. Das Frühstück ist lecker nur der Tee .. Auch hier gibt es keinen Schwarzen Tee und der Früchtetee, den man mir macht ist zwar offener Tee, schmeckt aber eher nach Kümmel.
Ich lade das Motorrad ab. Ein Mann – vermutlich der Grundstücksbesitzer nebenan – schiebt mit dem Fuß ein paar Tüten vom Gehsteig auf die Straße. Dann spricht er mich an, dass er sich schon gewundert hat, wegen dem Motorrad. Er will wissen, woher ich bin und grüßt mich gleich nochmal auf deutsch. Damit ist sein Wortschatz dann aber erschöpft. Er probiert es auf französisch, da kann ich aber nicht mithalten. So bleibt es bei ein paar Floskeln und einer netten Verabschiedung.
Nachdem das Motorrad aufgerüstet ist, gehe ich aufs Zimmer und ziehe die Schutzkleidung an. Es ist trocken, aber bewölkt. Kaum, dass ich die Stadtgrenze passiert habe, reißt der Himmel auf und strahlt für mich und mit mir.
Ein paar Stadtgärtner stutzen die Bäume am Straßenrand zurecht. Dafür sitzt einer direkt auf der Baumkrone (die Bäume sind eher ein dünner Stamm und eine winzige Krone). Sieht irgendwie lustig aus.
Die ersten 10km komme ich ganz gut voran. Es ist ungewöhnlich viel Verkehr auf den Straßen, so habe ich das die letzten Tage nicht wahrgenommen. Dann reiht sich Ort an Ort und die Geschwindigkeit pendelt sich knapp unter 60 km/h ein. Ist auch ganz gut so, denn ich muss immer wieder schnell reagieren. Entweder bremst jemand wegen einem Schlagloch oder weil wer über die Straße geht. Die Fußgänger gehen einfach auf einen Zebrastreifen zu und ebenso drüber, ohne nur ein einziges Mal den Kopf zu wenden. Krass.
In Piatra Neamț halte ich mich weiter in Richtung Bicaz, und komme auch bald in diesen Landkreis. Als ich dann in das Bicas-Tal hineinfahre ist wohl gerade die Schule aus. Hunderte Kinder auf den Straßen, alle laufen kreuz und quer.
Rechts von mir eine riesen Firma, die bei uns locker als Lost Place durchgehen würde. Hier ist sie noch in Betrieb, auch wenn schon ein paar Fassaden eingestürzt sind. Viele der Häuser hier haben die geschnitzten Tore, die ich aus dem Maramureș kenne.
Etwas weiter sehe ich eine Zementfabrik. Carpatii-Cement steht dort zu lesen, darunter jedoch das Emblem von Heidelberger Zement. Wieder mal eine Firma aus dem Ausland, die hier einen Konsumzweig übernommen hat, der Gewinn abwirft.
Ich komme an einer Pescărie (Forellenzucht) vorbei und halte an, um zu fragen, ob es die auch in essbarem Aggregatszustand gibt. Ja, meint die Dame das Hauses, sie haben aber nur Fisch. Geht in Ordnung antworte ich, ich nehme einen.
Der wird mir knapp 15 Minuten später serviert und er schmeckt lecker. Irgendwie muss der ein wirklich funktionierendes Abnehm-Konzept haben, denn weitere 15 Minuten später ist er deutlich schlanker als vorher 😉
Ich zahle und fahre weiter.
Lacul Roșu – der Rote See
Der See entstand 1838 aufgrund einer Naturkatastrophe. Ein ganzer Hang stürzte durch einen Erdrutsch herab, wodurch das Wasser des Bicaz-Flusses aufgestaut wurde und dabei einen Wald überflutete. Davon sind aus dem Wasser ragende Stümpfe übrig geblieben, die im Lauf der Zeit durch die Wirkung des kalkhaltigen Wassers versteinert sind. Das verleiht dem Gewässer eine gespenstische Atmosphäre.
Bald bin ich da, an der Bicaz-Schlucht, die ich schon auf vielen Bildern gesehen habe. Als ich sie dann live erleben darf stelle ich fest, dass dies ein Ort ist, der in Bildern nicht wirklich wiedergegeben werden kann. Eng und an die 100 Meter hoch sind die Felsen hier, ein wenig erinnert es mich an den Siq in Petra (Jordanien). Ich denke mal, ich bin heute der einzige Tourist, der sich hier her getraut hat, die Nippes-Stände sind bis auf zwei geschlossen, nur ab und an kommt ein Fahrzeug des Weges. So kann ich ungestört fahren, staunen und fotografieren. Eigentlich wollte ich einen anderen Weg zurück fahren, aber schon nach den ersten Kurven entscheide ich um – hier will ich auch wieder zurück.
Oberhalb der Schlucht kommt der Ort Bicas Chei, der offenbar schon lange vom Tourismus lebt. Gleich am Eingang sehe ich ein altes Holzhaus, was eigentlich nicht reparabel ist, mit einem ‚zu verkaufen‚-Schild. Viele schöne alte Häuschen mit ansprechender Architektur, aber auch kleine Ferienhütten mitten im Ort. Krass.
Während ich auf mein zweites Ziel, dem Lacul Roșu zusteuere, wird das Wetter schlechter. Kalt ist es ja eh schon länger, in der Schlucht lagen noch dicke Schneefelder im Flußbett, hier oben hat es eine annähernd geschlossene Schneedecke und es setzt Schneeregen ein. Der Lacul Roșu ist zugefroren, die Baumstümpfe schauen trostlos aus der Eisdecke.
Ich suche einen Weg runter zum Wasser für ein Foto, zum lange verweilen läd das Wetter nicht ein. So fahre ich zurück auf die Straße und dort den Weg zurück, den ich gekommen bin.
Bei den ersten Kehren ist der Schneeregen vorbei, die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor und zeigt sich immer mehr, je weiter ich ins Tal komme.
Cheile Bicazului-die Bicasklamm
ist ein faszinierendes Naturdenkmal.
Über Jahrmillionen hat sich der Bicaz-Fluss tief in das Kalkgestein eingeschnitten. Auf 10 Kilometer Länge teilt sich der Fluss die Schlucht mit der Straße. Bei Hochwasser ist die Straße überschwemmt. An der engsten Stelle gerade einmal 8 Meter breit, ragen die Felswände regen zum Teil über 200 Meter senkrecht empor.Die steilen, teilweise überhängenden Felswände lassen kaum Tageslicht einfallen.
Ich mache während der Rückfahrt viele Fotos, oft nur 50 Meter dazwischen, denn diese Schlucht ist wirklich atemberaubend.
Als ich die Bicas-Klamm verlasse, verstaue ich die Kameras und konzentriere mich auf die Straße – was nicht heißt, dass ich nicht trotzdem rechts und links der Sraße die Eindrücke aufgesogen habe.
Dabei bemerke ich, dass meine Hose bis zu den Knien voll Schmutz ist. Mein Motorrad ja auch schon seit vorgestern schmutzig, aber mit Stiefel und Hose muss ich ins Hotel. Bei der nächsten ‚Autowaschanlage‘ halte ich an und frage, ob sie auch mein Motorrad waschen würden. Den Blicken nach hat das wohl noch nie jemand gefragt. Einer der jungen Männer geht musternd um meine XT herum, dann winkt er mich in die Waschhalle. Ich will aber erst wissen, was es kostet. Da müssen sie erst den Chef fragen. Der wird geholt, mustert das Motorrad und legt den Preis auf 5 Lei fest (ca. 1,10€). Dafür wird mein Mopped erst mit einem Reiniger eingesprüht, dann nochmal mit einem Lappen Reiniger auf die Flächen aufgebracht. Anschließend mit dem Dampfstrahler gereinigt, mit irgendwelchen Flüssigkeiten eingesprüht – etliche Sprühflaschen mit unterschiedlichem Inhalt hängen an einer Wand. Dann noch Alupflege auf die Felgen gesprüht und mit dem Lappen eingerieben, die Spiegel und die Lichter blank poliert, die Sitzbank getrocknet – und als ich sage, dass er meine Beine knieabwärts mit dem Dampfstrahler abspritzen soll, macht er das auch noch. Ich gebe ihm ein Trinkgeld und werde von den Dreien freundlich verabschiedet.
In Piatra Neamt stelle ich fest, dass ich noch Zeit habe. Es gibt hier zwei Berge, auf einem steht ein Hotelkomplex oder ähnliches, auf dem Anderen steht ein Fernsehturm. Da fahre ich jetzt mal hoch, denke ich und verlasse die vom Navi angezeigte Route. Der erste Versuch klappt nicht, ich komme am Fuß des Berges in eine Einbahnstraße, die mich wieder auf die Hauptstraße spuckt. Dann probiere ich es halt auf der Rückseite des Berges, entscheide ich. Die erste Abfahrt klappt wieder nicht, diese führt zu einem Krankenhaus.
Dann aber komme ich um den Berg herum und stehe schließlich vor einem Friedhof, durch den die Straße durchführt. Ich sehe aber immer noch keinen Weg nach oben, deshalb nochmal auf die Hauptstraße. Weiter hinten finde ich endlich einen Weg, der den Berg hinauf führt. Dem folge ich und werde erstmal von einer Hundemeute empfangen. Das schockt mich schon lange nicht mehr, ich lasse sie neben mir kläffen und konzentriere mich auf den Untergrund. Der Weg führt an einem Kloster vorbei, dann in einen Wald und schlängelt sich in Serpentinen stetig nach oben.
Dort sind auch noch ein paar Hunde unterwegs – die Straßenhunde flüchten aber meistens, wenn ein Fahrzeug daherkommt.
Als ich die letzte Kehre genommen habe, sehe ich vorne einen Jeep fahren. Der will bestimmt zur Sendestation, denke ich. Als ich das Ende der Straße erreiche, stehe ich auf einem Aussichtspunkt und habe einen herrlichen Überblick über die Stadt. Der Jeep rollt ein wenig zurück in meine Richtung, dann stoppt er und ein Päärchen steigt aus. Die kommen gleich zu mir und bewundern mein Motorrad. Sie haben selber zwei, erfahre ich, ihnen ist es aber noch zu kalt zum Fahren. Sie wollen wissen, woher ich bin und wie weit es ist, ich gebe bereitwillig Auskunft.
Dann holt der Mann einen Hammer und eine Art Durchschlag aus dem Auto, die Frau einen Rucksack. Sie laden mich ein, mitzukommen, um ein Medikament zu ernten, erfahre ich. Zusammen gehen wir in den Wald und ein Stück weit den Hang hinab. Zielstrebig gehen die beiden auf eine große Birke zu, an denen zwei Wasserflaschen hängen. Ahhh, Birkenwasser, denke ich mir. Mein Opa hat das immer gesammelt – für die Haare.
Eine der ‚Quellen‘ ist wohl versiegt, weshalb er mit dem Durchschlag das Loch etwas tiefer macht. Dann steckt er ein Röhrchen hinein und schon tröpfelt der Saft heraus. So viel hätte ich nicht erwartet. Anschließend leert er die zweite Flasche in eine aus dem Rucksack und fordert mich auf, zu trinken. Als ich zögere, nimmt er selber einen Schluck, schwenkt die Flasche so, dass as Mundstück gespült wird und streckt sie mir entgegen. Also nehme ich auch einen Schluck, ohne zu überlegen, dass ich eigentlich auf Birkenpollen allergisch bin. Schmeckt wie Wasser und ein klein wenig wie Honig.
Ich frage, ob ich fotografieren darf, was er bejaht. Die Kamera ist noch beim Motorrad. Als ich zurück bin, sind sie schon einen Baum weiter. Ich machte Fotos, während der Mann mir die Heilwirkung erklärt – alles verstehe ich leider nicht. Dann bekomme ich von seiner Frau eine Flasche gereicht. Ich hab schon probiert, sage ich – sie will mir aber die Flasche schenken. Aber nicht mehr als 5 am Tag meint sie – die Einheit sagt sie nicht. Wenn sie Tropfen gemeint hat, dann habe ich das Monatspensum schon konsumiert.
Oben bei den Fahrzeugen angekommen, schreibt er mir noch auf, wonach ich im Internet suchen soll, dann verabschieden wir uns und die beiden fahren davon.
Das tue ich auch, denn am Himmel kommen dunkle Wolken gezogen. Als ich die Kamera geholt habe, hatte ich noch gleißendes Gegenlicht.
Schnell alles eingepackt und los. Na ja, schnell ist eher anders. Für die 60km bis nach Bacău brauche ich mehr als eine Stunde, wegen der vielen langen Ortschaften, die ich durchfahre.
Als ich die Pension erreiche, ist es fast dunkel. Es reicht aber noch, um das Motorrad aufzuladen und zu verzurren. Dabei spricht mich wieder ein Mann an. Er will wissen, woher ich komme und ob das in Deutschland so ist wie hier. Was, das verstehe ich leider auch nach Nachfragen und mehreren Anläufen nicht. So wünscht er mir einen schönen Abend, eine gute Reise und Gesundheit. Nach wenigen Metern dreht er sich nochmals um und holt aus seiner Tüte eine Orange heraus, die er mir anbietet. Ich lehne dankend ab, denn ich will ja gleich zum Essen.
Das tue ich, nachdem ich mich gewaschen und umgezogen habe. Ich nehme das Gericht, das mir die nette Kellnerin gestern empfohlen hat – Schaffleisch gekocht und geschnetzelt. Es schmeckt ebenso lecker wie das Gericht von gestern.
Da ich recht müde bin zahle ich bald und gehe in mein Zimmer. Als ich die Wirtschaft verlasse, kommt einer mit Gitarre. Schade, aber ich bin einfach zu müde.
17 Mrz 2014
Montag, 17.03.2014 Lacul Roșu und Bicas-Schlucht
Schon zwei Stunden, bevor der Wecker klingelt, wache ich auf. Das geht ja mal gar nicht, denke ich und drehe mich nochmal auf die andere Seite. So richtig klappt es nicht. Also stehe ich auf und gehe in die Dusche. Das Frühstück ist lecker nur der Tee .. Auch hier gibt es keinen Schwarzen Tee und der Früchtetee, den man mir macht ist zwar offener Tee, schmeckt aber eher nach Kümmel.
Ich lade das Motorrad ab. Ein Mann – vermutlich der Grundstücksbesitzer nebenan – schiebt mit dem Fuß ein paar Tüten vom Gehsteig auf die Straße. Dann spricht er mich an, dass er sich schon gewundert hat, wegen dem Motorrad. Er will wissen, woher ich bin und grüßt mich gleich nochmal auf deutsch. Damit ist sein Wortschatz dann aber erschöpft. Er probiert es auf französisch, da kann ich aber nicht mithalten. So bleibt es bei ein paar Floskeln und einer netten Verabschiedung.
Nachdem das Motorrad aufgerüstet ist, gehe ich aufs Zimmer und ziehe die Schutzkleidung an. Es ist trocken, aber bewölkt. Kaum, dass ich die Stadtgrenze passiert habe, reißt der Himmel auf und strahlt für mich und mit mir.
Ein paar Stadtgärtner stutzen die Bäume am Straßenrand zurecht. Dafür sitzt einer direkt auf der Baumkrone (die Bäume sind eher ein dünner Stamm und eine winzige Krone). Sieht irgendwie lustig aus.
Die ersten 10km komme ich ganz gut voran. Es ist ungewöhnlich viel Verkehr auf den Straßen, so habe ich das die letzten Tage nicht wahrgenommen. Dann reiht sich Ort an Ort und die Geschwindigkeit pendelt sich knapp unter 60 km/h ein. Ist auch ganz gut so, denn ich muss immer wieder schnell reagieren. Entweder bremst jemand wegen einem Schlagloch oder weil wer über die Straße geht. Die Fußgänger gehen einfach auf einen Zebrastreifen zu und ebenso drüber, ohne nur ein einziges Mal den Kopf zu wenden. Krass.
In Piatra Neamț halte ich mich weiter in Richtung Bicaz, und komme auch bald in diesen Landkreis. Als ich dann in das Bicas-Tal hineinfahre ist wohl gerade die Schule aus. Hunderte Kinder auf den Straßen, alle laufen kreuz und quer.
Rechts von mir eine riesen Firma, die bei uns locker als Lost Place durchgehen würde. Hier ist sie noch in Betrieb, auch wenn schon ein paar Fassaden eingestürzt sind. Viele der Häuser hier haben die geschnitzten Tore, die ich aus dem Maramureș kenne.
Etwas weiter sehe ich eine Zementfabrik. Carpatii-Cement steht dort zu lesen, darunter jedoch das Emblem von Heidelberger Zement. Wieder mal eine Firma aus dem Ausland, die hier einen Konsumzweig übernommen hat, der Gewinn abwirft.
Ich komme an einer Pescărie (Forellenzucht) vorbei und halte an, um zu fragen, ob es die auch in essbarem Aggregatszustand gibt. Ja, meint die Dame das Hauses, sie haben aber nur Fisch. Geht in Ordnung antworte ich, ich nehme einen.
Der wird mir knapp 15 Minuten später serviert und er schmeckt lecker. Irgendwie muss der ein wirklich funktionierendes Abnehm-Konzept haben, denn weitere 15 Minuten später ist er deutlich schlanker als vorher 😉
Ich zahle und fahre weiter.
Lacul Roșu – der Rote See
Bald bin ich da, an der Bicaz-Schlucht, die ich schon auf vielen Bildern gesehen habe. Als ich sie dann live erleben darf stelle ich fest, dass dies ein Ort ist, der in Bildern nicht wirklich wiedergegeben werden kann. Eng und an die 100 Meter hoch sind die Felsen hier, ein wenig erinnert es mich an den Siq in Petra (Jordanien). Ich denke mal, ich bin heute der einzige Tourist, der sich hier her getraut hat, die Nippes-Stände sind bis auf zwei geschlossen, nur ab und an kommt ein Fahrzeug des Weges. So kann ich ungestört fahren, staunen und fotografieren. Eigentlich wollte ich einen anderen Weg zurück fahren, aber schon nach den ersten Kurven entscheide ich um – hier will ich auch wieder zurück.
Oberhalb der Schlucht kommt der Ort Bicas Chei, der offenbar schon lange vom Tourismus lebt. Gleich am Eingang sehe ich ein altes Holzhaus, was eigentlich nicht reparabel ist, mit einem ‚zu verkaufen‚-Schild. Viele schöne alte Häuschen mit ansprechender Architektur, aber auch kleine Ferienhütten mitten im Ort. Krass.
Während ich auf mein zweites Ziel, dem Lacul Roșu zusteuere, wird das Wetter schlechter. Kalt ist es ja eh schon länger, in der Schlucht lagen noch dicke Schneefelder im Flußbett, hier oben hat es eine annähernd geschlossene Schneedecke und es setzt Schneeregen ein. Der Lacul Roșu ist zugefroren, die Baumstümpfe schauen trostlos aus der Eisdecke.
Ich suche einen Weg runter zum Wasser für ein Foto, zum lange verweilen läd das Wetter nicht ein. So fahre ich zurück auf die Straße und dort den Weg zurück, den ich gekommen bin.
Bei den ersten Kehren ist der Schneeregen vorbei, die Sonne lugt zwischen den Wolken hervor und zeigt sich immer mehr, je weiter ich ins Tal komme.
Cheile Bicazului-die Bicasklamm
ist ein faszinierendes Naturdenkmal.
Über Jahrmillionen hat sich der Bicaz-Fluss tief in das Kalkgestein eingeschnitten. Auf 10 Kilometer Länge teilt sich der Fluss die Schlucht mit der Straße. Bei Hochwasser ist die Straße überschwemmt. An der engsten Stelle gerade einmal 8 Meter breit, ragen die Felswände regen zum Teil über 200 Meter senkrecht empor.Die steilen, teilweise überhängenden Felswände lassen kaum Tageslicht einfallen.
Ich mache während der Rückfahrt viele Fotos, oft nur 50 Meter dazwischen, denn diese Schlucht ist wirklich atemberaubend.
Als ich die Bicas-Klamm verlasse, verstaue ich die Kameras und konzentriere mich auf die Straße – was nicht heißt, dass ich nicht trotzdem rechts und links der Sraße die Eindrücke aufgesogen habe.
Dabei bemerke ich, dass meine Hose bis zu den Knien voll Schmutz ist. Mein Motorrad ja auch schon seit vorgestern schmutzig, aber mit Stiefel und Hose muss ich ins Hotel. Bei der nächsten ‚Autowaschanlage‘ halte ich an und frage, ob sie auch mein Motorrad waschen würden. Den Blicken nach hat das wohl noch nie jemand gefragt. Einer der jungen Männer geht musternd um meine XT herum, dann winkt er mich in die Waschhalle. Ich will aber erst wissen, was es kostet. Da müssen sie erst den Chef fragen. Der wird geholt, mustert das Motorrad und legt den Preis auf 5 Lei fest (ca. 1,10€). Dafür wird mein Mopped erst mit einem Reiniger eingesprüht, dann nochmal mit einem Lappen Reiniger auf die Flächen aufgebracht. Anschließend mit dem Dampfstrahler gereinigt, mit irgendwelchen Flüssigkeiten eingesprüht – etliche Sprühflaschen mit unterschiedlichem Inhalt hängen an einer Wand. Dann noch Alupflege auf die Felgen gesprüht und mit dem Lappen eingerieben, die Spiegel und die Lichter blank poliert, die Sitzbank getrocknet – und als ich sage, dass er meine Beine knieabwärts mit dem Dampfstrahler abspritzen soll, macht er das auch noch. Ich gebe ihm ein Trinkgeld und werde von den Dreien freundlich verabschiedet.
In Piatra Neamt stelle ich fest, dass ich noch Zeit habe. Es gibt hier zwei Berge, auf einem steht ein Hotelkomplex oder ähnliches, auf dem Anderen steht ein Fernsehturm. Da fahre ich jetzt mal hoch, denke ich und verlasse die vom Navi angezeigte Route. Der erste Versuch klappt nicht, ich komme am Fuß des Berges in eine Einbahnstraße, die mich wieder auf die Hauptstraße spuckt. Dann probiere ich es halt auf der Rückseite des Berges, entscheide ich. Die erste Abfahrt klappt wieder nicht, diese führt zu einem Krankenhaus.
Dann aber komme ich um den Berg herum und stehe schließlich vor einem Friedhof, durch den die Straße durchführt. Ich sehe aber immer noch keinen Weg nach oben, deshalb nochmal auf die Hauptstraße. Weiter hinten finde ich endlich einen Weg, der den Berg hinauf führt. Dem folge ich und werde erstmal von einer Hundemeute empfangen. Das schockt mich schon lange nicht mehr, ich lasse sie neben mir kläffen und konzentriere mich auf den Untergrund. Der Weg führt an einem Kloster vorbei, dann in einen Wald und schlängelt sich in Serpentinen stetig nach oben.
Dort sind auch noch ein paar Hunde unterwegs – die Straßenhunde flüchten aber meistens, wenn ein Fahrzeug daherkommt.
Als ich die letzte Kehre genommen habe, sehe ich vorne einen Jeep fahren. Der will bestimmt zur Sendestation, denke ich. Als ich das Ende der Straße erreiche, stehe ich auf einem Aussichtspunkt und habe einen herrlichen Überblick über die Stadt. Der Jeep rollt ein wenig zurück in meine Richtung, dann stoppt er und ein Päärchen steigt aus. Die kommen gleich zu mir und bewundern mein Motorrad. Sie haben selber zwei, erfahre ich, ihnen ist es aber noch zu kalt zum Fahren. Sie wollen wissen, woher ich bin und wie weit es ist, ich gebe bereitwillig Auskunft.
Dann holt der Mann einen Hammer und eine Art Durchschlag aus dem Auto, die Frau einen Rucksack. Sie laden mich ein, mitzukommen, um ein Medikament zu ernten, erfahre ich. Zusammen gehen wir in den Wald und ein Stück weit den Hang hinab. Zielstrebig gehen die beiden auf eine große Birke zu, an denen zwei Wasserflaschen hängen. Ahhh, Birkenwasser, denke ich mir. Mein Opa hat das immer gesammelt – für die Haare.
Eine der ‚Quellen‘ ist wohl versiegt, weshalb er mit dem Durchschlag das Loch etwas tiefer macht. Dann steckt er ein Röhrchen hinein und schon tröpfelt der Saft heraus. So viel hätte ich nicht erwartet. Anschließend leert er die zweite Flasche in eine aus dem Rucksack und fordert mich auf, zu trinken. Als ich zögere, nimmt er selber einen Schluck, schwenkt die Flasche so, dass as Mundstück gespült wird und streckt sie mir entgegen. Also nehme ich auch einen Schluck, ohne zu überlegen, dass ich eigentlich auf Birkenpollen allergisch bin. Schmeckt wie Wasser und ein klein wenig wie Honig.
Ich frage, ob ich fotografieren darf, was er bejaht. Die Kamera ist noch beim Motorrad. Als ich zurück bin, sind sie schon einen Baum weiter. Ich machte Fotos, während der Mann mir die Heilwirkung erklärt – alles verstehe ich leider nicht. Dann bekomme ich von seiner Frau eine Flasche gereicht. Ich hab schon probiert, sage ich – sie will mir aber die Flasche schenken. Aber nicht mehr als 5 am Tag meint sie – die Einheit sagt sie nicht. Wenn sie Tropfen gemeint hat, dann habe ich das Monatspensum schon konsumiert.
Oben bei den Fahrzeugen angekommen, schreibt er mir noch auf, wonach ich im Internet suchen soll, dann verabschieden wir uns und die beiden fahren davon.
Das tue ich auch, denn am Himmel kommen dunkle Wolken gezogen. Als ich die Kamera geholt habe, hatte ich noch gleißendes Gegenlicht.
Schnell alles eingepackt und los. Na ja, schnell ist eher anders. Für die 60km bis nach Bacău brauche ich mehr als eine Stunde, wegen der vielen langen Ortschaften, die ich durchfahre.
Als ich die Pension erreiche, ist es fast dunkel. Es reicht aber noch, um das Motorrad aufzuladen und zu verzurren. Dabei spricht mich wieder ein Mann an. Er will wissen, woher ich komme und ob das in Deutschland so ist wie hier. Was, das verstehe ich leider auch nach Nachfragen und mehreren Anläufen nicht. So wünscht er mir einen schönen Abend, eine gute Reise und Gesundheit. Nach wenigen Metern dreht er sich nochmals um und holt aus seiner Tüte eine Orange heraus, die er mir anbietet. Ich lehne dankend ab, denn ich will ja gleich zum Essen.
Das tue ich, nachdem ich mich gewaschen und umgezogen habe. Ich nehme das Gericht, das mir die nette Kellnerin gestern empfohlen hat – Schaffleisch gekocht und geschnetzelt. Es schmeckt ebenso lecker wie das Gericht von gestern.
Da ich recht müde bin zahle ich bald und gehe in mein Zimmer. Als ich die Wirtschaft verlasse, kommt einer mit Gitarre. Schade, aber ich bin einfach zu müde.